„Trotz der großen Herausforderungen, wie dem Krieg in der Ukraine und anderen globalpolitischen Themen, sowie damit einhergehenden konjunkturelle Unsicherheiten, zeigte sich der Arbeitsmarkt im Rhein-Erft-Kreis widerstandsfähig. Obwohl mehr Menschen einer sozialversicherungspflichtigen Arbeit nachgingen, stieg die Arbeitslosigkeit um 2,7 Prozent. Deutlich spürbar ist jedoch die abwartende Haltung der Arbeitgebenden in der Region bei Neueinstellungen“, fasst Anja Daub, Geschäftsführerin operativ das Jahr 2024 auf dem Arbeitsmarkt zusammen. „Aber halten wir fest: die Arbeitslosigkeit steigt leicht. Im Jahresdurchschnitt lag die Zahl der Arbeitslosen im Rhein-Erft-Kreis mit 16.477 über dem Vorjahr mit 16.040. Die Beschäftigung im Kreis liegt erfreulicherweise weiterhin auf einem hohen Niveau. Hier sind 149.759 Menschen in Arbeit, ein leichtes Plus von 177 Personen gegenüber dem Vorjahr“, konstatiert die Arbeitsmarktexpertin.
Sozialversicherungspflichtige Beschäftigung
Ende März 2024 waren 149.759 Menschen nach den aktuellsten verfügbaren Zahlen im Rhein-Erft-Kreis sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Innerhalb eines Jahres verzeichnete der Rhein-Erft-Kreis somit ein leichtes Plus von 177 zusätzlichen Beschäftigten (+0,1 Prozent). Besonders hervorzuheben ist der Anstieg bei den ausländischen Arbeitskräften (+2,9 Prozent). Mit Blick auf die Anforderungsprofile der Beschäftigten im Rhein-Erft-Kreis war der höchste Anstieg bei den Expert*innen (+2,5 Prozent) zu verzeichnen. Bei den Helfern war ebenfalls ein Plus (+1,4 Prozent) zu verzeichnen. Mit einem Minus von 0,6 Prozent bildeten die Fachkräfte im Jahresvergleich das Schlusslicht.
Arbeitsmarkt im Jahr 2024
Die Arbeitslosenquote hatte im Februar, März, April und in den Sommermonaten Juli und August 2024 den höchsten Stand und sank bis Dezember 2024 auf 6,2 Prozent. Im Jahresdurchschnitt 2024 lag die Arbeitslosenquote bei 6,2 Prozent und damit 0,1 Prozentpunkte über der Durchschnittsquote des letzten Jahres und 1,4 Prozentpunkte unter der durchschnittlichen Arbeitslosenquote in NRW mit 7,5 Prozent. Vor der Pandemie (Jahresdurchschnitt 2019) lag die durchschnittliche Arbeitslosenquote im Rhein-Erft-Kreis bei 5,7 Prozent. Den höchsten Rückgang an sozialversicherungspflichtig Beschäftigten hat die Branche der Vermittlung und Überlassung von Arbeitskräften mit Minus 11,9 Prozent zu verzeichnen.
Arbeitslosigkeit im Monatsvergleich
Im Jahr 2024 waren im Rhein-Erft-Kreis durchschnittlich 16.477 Menschen arbeitslos gemeldet. Das waren 437 oder 2,7 Prozent mehr als im Jahresdurchschnitt 2023. In Nordrhein-Westfalen stieg die Arbeitslosigkeit im gleichen Zeitraum um 5,6 Prozent. Insbesondere stieg die Jugendarbeitslosigkeit (15 bis unter 25 Jahre) um 11 Prozent an, während der Anstieg in Nordrhein-Westfalen nur 8,6 Prozent betrug. „Das ist eine schlechte Entwicklung. Die Jugendlichen sind unsere Fachkräfte von morgen. Arbeitgebende sollten dieses Potenzial für sich nutzen. Junge Menschen im eigenen Unternehmen ausbilden und nach der Ausbildungszeit stetig weiter zu fördern ist die beste Investition in die Zukunft“, so Anja Daub.
Die Anzahl der arbeitslosen Menschen, die Leistungen durch das Jobcenter Rhein-Erft erhielten, sank im Jahresdurchschnitt um 286 Personen (-2,7 Prozent) auf im Schnitt 10.444 Arbeitslose. In der Arbeitslosenversicherung stieg die Anzahl der Arbeitslosen um 722 Personen (+13,6 Prozent) auf durchschnittlich 6.033 Arbeitslose.
Arbeitslose mit ausländischer Herkunft
Weiter zugelegt hat im Rhein-Erft die Zahl der Arbeitslosen mit ausländischer Herkunft. Insgesamt nahm die Zahl der arbeitslosen Ausländer beider Rechtskreise im Jahresdurchschnitt um 157 oder 2,5 Prozent zu (davon im SGB II: -128 oder -2,6 Prozent).
Der Bestand arbeitsloser Staatsangehöriger der 8 stärksten Asylherkunftsländer stieg gegenüber 2023 um 97 oder 6,2 Prozent auf 1.627. Der Bestand an arbeitslosen Ukrainerinnen und Ukrainern stieg gegenüber 2023 um 53 oder 5,8 Prozent auf 882.
„Viele der geflüchteten Menschen aus der Ukraine und den weiteren acht Herkunftsländern haben in den letzten Monaten die Integrationskurse beendet und standen dann dem Arbeitsmarkt zur Verfügung. Die Integration geflüchteter Menschen kam 2024 gut voran. Im März gingen rund 915 Ukrainerinnen und Ukrainer (+196 oder 27,3 Prozent) und 3.119 (+223 oder 7,7 Prozent) der geflüchteten Menschen der acht stärksten Asylherkunftsländer einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nach. Das ist ein guter Erfolg“, so Anja Daub.
Langzeitarbeitslosigkeit
Entgegen dem Trend in NRW hat die durchschnittliche Zahl der Langzeitarbeitslosen im Rhein-Erft-Kreis in beiden Rechtskreisen abgenommen. Insgesamt waren in 2024 5.940 und damit 304 oder 4,9 Prozent weniger Menschen langzeitarbeitslos als in 2023. In NRW stieg die Zahl der Langzeitarbeitslosen um durchschnittlich 4,8 Prozent.
Kurzarbeit
Die Inanspruchnahme von Kurzarbeit blieb auch in 2024 auf niedrigem Niveau. Von Januar 2024 bis Juni 2024 wurden durchschnittlich von rund 15 Unternehmen Kurzarbeitergeld für insgesamt rund 290 Beschäftigte in Anspruch genommen.
Im letzten Jahr wurde im gleichen Zeitraum durchschnittlich noch von rund 37 Unternehmen Kurzarbeit für insgesamt rund 478 Beschäftigte in Anspruch genommen. Zum Vergleich: Allein im April 2020 wurde in insgesamt 2.944 Unternehmen im Rhein-Erft-Kreis von 22.578 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kurzgearbeitet.
*Hinweis zur Statistik
Zunächst zeigen die Unternehmen an, dass sie Kurzarbeit in Anspruch nehmen werden. Nach der Anzeige können die Unternehmen das Instrument flexibel entsprechend ihres Bedarfs einsetzen. Rückwirkend werden die Abrechnungen bei der Agentur für Arbeit eingereicht. Erst der rückwirkende Antrag enthält eine detaillierte Aufstellung der tatsächlich in Anspruch genommenen Kurzarbeit. Für diesen Antrag haben die Unternehmen drei Monate Zeit.
Arbeitskräftenachfrage
Im Jahr 2024 wurden insgesamt 6.834 freie (davon 6722 sozialversicherungspflichtig) Arbeitsstellen bei der Agentur für Arbeit Brühl und dem Jobcenter Rhein-Erft zur Besetzung gemeldet. Dies waren 778 Stellen (-10,2 Prozent) weniger als im Vorjahr.
„Ein wichtiger Grund für die verhaltenen Stellenmeldungen bei gleichzeitig weiter hohem Stand an offenen Stellen sind die konjunkturellen Unsicherheiten, die Arbeitgebende zurückhalten, neue offene Stellen zu melden beziehungsweise ihre offenen Stellen nicht sofort zu besetzen. Hinzu kommt auch, dass viele Stellen nicht sofort besetzt werden können, da die von der Qualifikation her passenden Bewerberinnen und Bewerber nicht gefunden werden. Unternehmen im Rhein-Erft-Kreis fällt es zunehmend schwerer, ihre Stellen mit qualifizierten Mitarbeitenden zu besetzen“, so Anja Daub.
Gesucht werden vor allem Fachkräfte. 3.699 oder 54 Prozent der neu gemeldeten 6.834 Stellen richteten sich in 2024 an Fachkräfte und damit Menschen mit einer passenden dualen Berufsausbildung. Insgesamt waren zum Jahresende 2.174 oder 57,9 Prozent aller 3.754 offener Stellen im Bestand für Fachkräfte gemeldet. Diesen standen durchschnittlich 4.801 arbeitslose Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit passender Fachkraft-Qualifikation gegenüber.
Deutlich geringer ist das Angebot für Menschen ohne aktuelle Ausbildung: 964 Stellen oder 25,6 Prozent aller Arbeitsangebote im Bestand waren als Helfertätigkeiten, also für an- und ungelernte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ausgeschrieben. Arbeitslos gemeldet waren 9.094 Menschen ohne eine aktuelle Ausbildung.
Strukturentwicklung
Das Jahr 2024 markierte für das Rheinische Revier einen großen Schritt im Strukturwandel. Der Abschied von der Braunkohle prägt weiterhin die Region, doch gleichzeitig wurden wichtige Weichen für eine zukunftsfähige Wirtschaft gestellt. Es war ein Jahr der Herausforderungen, aber auch der Chancen.
Ein Meilenstein für die Region war die Ankündigung der Ansiedlung von Hyperscale Data Centern durch Microsoft. Die Investition des Tech-Giganten wurde als „Leuchtturmprojekt“ gefeiert und verspricht nicht nur die Schaffung neuer Arbeitsplätze im IT-Sektor, sondern auch eine Stärkung der gesamten Region. Die BA kündigte eine enge Zusammenarbeit mit Microsoft an, um die benötigten Fachkräfte durch gezielte Qualifizierungsmaßnahmen bereitzustellen.
Gemeinsam mit der Zukunftsagentur Rheinisches Revier wurden verschiedene Projekte initiiert, um die relevanten Partnerinnen und Partner aus dem Bereich der Weiterbildung enger zu verzahnen. Zusammen sollen zukunftsfähige Qualifizierungsvorhaben entwickelt und erprobt werden. Die Transparenz und der einfache Zugang zu Qualifizierungen stehen dabei im Fokus.
Die Bundesagentur für Arbeit versteht sich als aktiver Partner im Strukturwandel und setzt sich dafür ein, dass die Menschen im Revier von den neuen Chancen profitieren können. Mit der Berufsberatung im Erwerbsleben gelingt es, die Menschen schon frühzeitig für neue Berufswege aufzuschließen und bei dem Weg in die Zukunft zu begleiten.
Blick nach vorne
„Unter den aktuellen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen ist eine sichere Prognose für 2025 nur schwer möglich. Für die nächsten zwei Monate rechnen wir allein saisonbedingt mit höheren Werten bei der Arbeitslosigkeit.
Der Arbeitsmarkt hat sich in 2024 als sehr robust erwiesen. Auch in 2025 stehen wir mit der anstehenden Bundestagswahl vor großen Herausforderungen und auch weiteren Unsicherheiten. Unternehmen suchen schon im zweiten Jahr nacheinander deutlich weniger Arbeitskräfte als in wirtschaftlich starken Zeiten. Wer im Helferbereich arbeitslos wird, hat es aktuell schwer, wieder einen neuen Job zu finden. Mit höherem Qualifikationsniveau steigen die Chancen eindeutig. Arbeitgebende haben aber auch gezeigt, dass sie trotz schwieriger konjunktureller Rahmenbedingungen weitestgehend an Arbeits- und Ausbildungsplätzen festhalten. Aber wir dürfen die Situation auch nicht zu locker sehen. Bei all diesen Unwägbarkeiten gilt mehr denn je zukunftsorientiert in die Fachkräftesicherung zu investieren. Wichtige Themen sind dabei Weiterbildung, die Potentiale arbeitsloser Menschen, die duale Ausbildung junger Menschen, wie auch die Integration geflüchteter Menschen. Wir müssen auch die Chancen sehen, denn auch bei dieser schwachen wirtschaftlichen Dynamik fehlen in fast allen Branchen weiter Fachkräfte, um die anstehenden Aufgaben der Digitalisierung und des Strukturwandels zu bewältigen. Hier unterstützen wir die Unternehmen intensiv auch Beschäftigte zu qualifizieren. Wir sind hier auf den guten Willen und das Vertrauen der Arbeitgebenden angewiesen. Mit Qualifizierung ist vieles möglich. Dazu nutzen wir auch neue und innovative Ansätze, um frühzeitig die Entstehung von Arbeitslosigkeit und weiteren Fachkräfteengpässen zu verhindern“, so Anja Daub.
„Die Berufsberatung bieten wir nicht mehr nur Jugendlichen vor dem Erwerbsleben an, sondern begleiten auch Erwachsene im Erwerbsleben bei ihren beruflichen Entscheidungen“, so Daub weiter. Außerdem veranstalteten Arbeitsagentur und Jobcenter am 09. April zum vierten Mal die große Weiterbildungsmesse in der Jahnhalle in Kerpen, um Menschen für das Thema Weiterbildung zu öffnen und das große Spektrum an Chancen aufzuzeigen. „Wir müssen viele weitere Wege der Fachkräftesicherung nutzen. Auch die Betriebliche Ausbildung ist und bleibt ein wichtiger Hebel der Fachkräftesicherung. Hier unterstützen wir durch frühzeitige Berufsorientierung und individuelle Beratung in den Schulen. Außerdem unterstützen wir die Arbeitgeber der Region bei der Suche nach passenden Bewerberinnen und Bewerbern und unterstützen auch ihr Engagement, wenn Sie vermeintlich schwächeren Schülerinnen und Schülern eine Chance einräumen. Auch hier veranstalten wir am 13. März und auch im August wieder die großen Check-In-Ausbildungsbörsen, um Arbeitgebende und Schülerinnen und Schüler zusammenzubringen“.