Expertenaustausch: Wirtschaftliche Lage und Arbeitsmarkt im Märkischen Kreis weiterhin angespannt

Märkischer Kreis. Vergangene Woche trafen sich die Geschäftsführungen der Arbeitsagentur, des Jobcenters sowie lokale Wirtschaftsvertreter - darunter der Landrat, Kammern, Arbeitgeber-verbände, Wirtschaftsförderungen und Vertreterinnen und Vertreter der Städte und Gemeinden im Kreis – zu einem Austausch über die aktuelle wirtschaftliche Situation im Märkischen Kreis. Dabei wurden sowohl die Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt als auch die wirtschaftlichen Herausforderungen im Vergleich zu NRW und dem Bund betrachtet und diskutiert.

25.02.2025 | Presseinfo Nr. 15

Die Arbeitsverwaltung stellte zunächst die aktuellen Zahlen vor: Die Arbeitslosigkeit liegt rund zehn Prozent über dem Vorjahreswert; eine baldige Erholung ist nicht in Sicht. Auch die Zahl der Stellenmeldungen ist im Jahresschnitt 2024 im Vergleich zum Vorjahr um fast 15 Prozent eingebrochen. Besonders beunruhigend ist, dass die sozialversicherungs-pflichtige Beschäftigung im vergangenen Jahr erstmals unter die 160.000er-Marke gesunken ist – ein alarmierendes Signal.

„Besondere Sorgen bereitet uns die zunehmende Arbeitslosigkeit auf Helferniveau. Der Märkische Kreis ist stark vom verarbeitenden Gewerbe geprägt, doch während Unternehmen fast ausschließlich Fachkräfte suchen, steigt die Zahl der geringqualifizierten Arbeitslosen weiter an“, so Arbeitsagenturchefin Sandra Pawlas. Diese Diskrepanz zwischen Angebot und Nachfrage stellt eine große Herausforderung für den Arbeitsmarkt dar. „Daher bleibt die Qualifizierung von Arbeitskräften ein entscheidender Faktor, um die Menschen fit für die veränderten Anforderungen zu machen“, so die Expertin weiter.

Mit Blick auf die weitere wirtschaftliche Entwicklung prognostiziert das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) für dieses Jahr einen weiteren Rückgang von mehr als 1.000 sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten (SVB) im Kreis. Die Expertinnen und Experten in der Runde sind sich einig, dass dieser Wert mit Blick auf die aktuellen Entwicklungen voraussichtlich bereits Mitte des Jahres überschritten wird.

Zusätzliche Besorgnis erregt die Entwicklung der Kurzarbeit, die von Sebastian Unkhoff, Geschäftsführer des Operativen Service der Arbeitsagentur, vorgestellt wurde. Die Zahlen zeigen deutlich, dass der Märkische Kreis überdurchschnittlich stark auf Kurzarbeit angewiesen ist, insbesondere im verarbeitenden Gewerbe. Ebenso sind die Zahl der Insolvenzen und die Zahl der Anträge auf Insolvenzgeld gestiegen – „Ein klares Indiz dafür, dass vielen Unternehmen der Region das Wasser sprichwörtlich bis zum Hals steht“, so Unkhoff. Die Verlängerung des Kurzarbeitergeldes kann einigen Unternehmen helfen, schwierige Zeiten abzufedern, doch sei fraglich, ob das ausreiche. Die betroffenen Firmen sind dabei unterschiedlich groß – von kleineren Betrieben bis hin zu großen Unternehmen. Den Großteil bilden dabei Unternehmen aus dem verarbeitenden Gewerbe. Unkhoff verweist darauf, frühzeitig mit der Arbeitsagentur ins Gespräch zu kommen. Die Kolleginnen und Kollegen beraten nicht nur telefonisch und virtuell, sondern fahren bei Bedarf auch direkt in die Unternehmen und beraten vor Ort.

Im weiteren Verlauf der Diskussion wurde deutlich, dass es sich nicht mehr um eine kurzfristige Nachfrageschwäche oder eine vorübergehende Arbeitsmarktsituation handelt, sondern um ein gravierendes strukturelles Problem. Die Südwestfälische Industrie- und Handelskammer (SIHK) bestätigt, dass ihre Zahlen seit der Wiedervereinigung nicht mehr so schlecht gewesen sind. Teilweise wird die Frage aufgeworfen: Woher soll die Arbeit noch kommen? Was passiert, wenn die Produktion weiter zurückgeht und weitere Beschäftigte verloren gehen? Unterstrichen wird dies auch vom Märkischen Arbeitgeberverband, der einige Ergebnisse aktueller Unternehmensumfragen skizziert; demnach sinke die Produktion kontinuierlich und über 60 Prozent der befragten Unternehmen schätzen die aktuelle Situation schlecht ein. „Ein Ende der Talfahrt ist nicht in Sicht“, so der Geschäftsführer des Märkischen Arbeitgeberverbandes, Özgür Gökce.

Ansatzpunkte für die Reaktion auf diese Entwicklung wurden in einer verstärkten Zusammenarbeit mit Hochschulen und Unternehmen diskutiert. Jochen Schröder (Geschäftsführer der Gesellschaft zur Wirtschafts- und Strukturförderung im Märkischen Kreis (GWS) und Landrat Marco Voge stellten in diesem Zusammenhang vor, viele Unternehmen im Kreis zu besuchen, und eines sei klar: „Es herrscht Einigkeit und Offenheit darüber, dass etwas passieren muss.“ Ziel müsse es sein, neue Märkte zu erschließen, innovative Produkte und Segmente zu entwickeln und herauszufinden, welche Art von Mitarbeitenden für diese Transformation benötigt werden. Hierbei spiele auch die Frage nach der Qualifikation der Beschäftigten eine zentrale Rolle. Unternehmen müssten in diesen Transformationsprozessen gezielt unterstützt werden. Einigkeit herrscht in der Runde darüber, dass der Prozess der Reindustrialisierung im Gange ist und nicht mehr aufzuhalten scheint.
Die wirtschaftliche Lage im Märkischen Kreis bleibt weiterhin mehr als angespannt, und eine Entspannung – vor allem mit Blick auf die Entwicklung der globalen Märkte – ist nicht in Sicht. Daher lautet das Fazit des Treffens: Die Partner müssen noch enger und verzahnter zusammenarbeiten, um Unternehmen gezielt zu unterstützen. Man wird weiter eng im Austausch bleiben, bestehende Netzwerke intensiv nutzen und die Kooperation weiter vertiefen.
Zum Abschluss dankte Sandra Pawlas für den aktiven Austausch und die Offenheit in dieser schwierigen wirtschaftlichen Lage.