„Ich wollte schon immer einen großen Bus fahren“

Jessika Dormann ist in ihrem Traumberuf angekommen – Ahmad Arrabi freut sich, endlich arbeiten zu dürfen – Die Jobcenter Westerwald und Rhein-Lahn und die Arbeitsagentur Montabaur fördern Qualifizierung dringend benötigter Fachkräfte

07.02.2024 | Presseinfo Nr. 7

Jessika Dormann thront hinter dem Lenkrad, schaut durch die große Frontscheibe  und strahlt. Sie ist in ihrem Traumjob angekommen: „Ich wollte schon immer einen Bus fahren – je größer, desto besser!“ Den Führerschein hat das Jobcenter finanziert und damit zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen: Eine alleinerziehende Mutter ist nicht mehr auf Grundsicherung angewiesen, und die WWH Touristik aus Nistertal hat eine dringend benötigte Fachkraft gefunden. Im Rhein-Lahn-Kreis freut sich Ahmad Arrabi, endlich arbeiten zu dürfen. An solche Erfolgsgeschichten wollen die Jobcenter Westerwald und Rhein-Lahn mit der Qualifizierung weiterer Busfahrerinnen und Busfahrer anknüpfen.

„Ich habe immer gearbeitet. Sonst würde mir die Decke auf den Kopf fallen!“ Jessika Dormann, gelernte Hauswirtschaftshelferin, war sich nie zu schade für
einen Job. Sie hat Pizza ausgefahren, war in der Gebäudereinigung angestellt – aber gereicht hat das Einkommen nie für sie und ihre vier Kinder. Angewiesen auf Unterstützung durch das Jobcenter und nicht zufrieden mit ihrem Alltag, wollte sie ihren lang gehegten Wunsch verwirklichen und den Busführerschein machen. Damit hat die 44Jährige ein Glückslos gezogen. Qualifiziertes Personal wird in vielen Bereichen gesucht. Ganz oben auf der Liste: Busfahrerinnen und Busfahrer!  

Jessika Dormann hat die Sache durchgezogen. Innerhalb eines halben Jahres absolvierte sie die Fahrschule, machte den Führerschein Klasse D in Theorie und Praxis und bestand die IHK-Prüfung zur Berufskraftfahrerin. Einen Arbeitsvertrag hatte sie sofort und fährt seitdem für die WWH Touristik GmbH & Co.KG in Nistertal einen Linien- und Schulbus. In Teilzeit, denn ihre drei Jungs, die noch zu Hause wohnen, wollen natürlich auch versorgt sein.

Die jungen Passagiere lieben ihre „Frau Busfahrerin“, denn mit ihr werden die Fahrten zur Schule oder zur Kita zum Event. Der Bus rollt nie ohne passende Deko, und zur Fastnacht ist es mit Luftballons besonders bunt. „Kaneval ist coll“ steht auf einem Bild, das ein Kindergartenkind für Jessika Dormann gemalt hat – eines von vielen Geschenken, die sie bekommt. Kein Wunder, denn der Service ist vom Feinsten. Die einzelnen Gruppen dürfen zum Beispiel Playlists einreichen, und während der Fahrt erklingen die Lieblingslieder der Kids.

Jessika Dormann
Jessika Dormann ist in ihrem Traumberuf angekommen.

Bei allem Spaß pocht Jessika Dormann auf Disziplin an Bord. Sie kennt ihre Verantwortung. Wer sich samt Ranzen auf dem Rücken in den Sitz fallen lässt und auf der Kante kippelt, kassiert einen Rüffel: Richtig hinsetzen, Rucksack auf den Schoß nehmen. Die Fahrerin hält auf freier Strecke auch schon mal mit Warnblinker an, um für Ordnung zu sorgen. Rüpelhaftes Verhalten oder das Knabbern von Salzstangen erledigen sich schnell von selbst, denn die Sanktionen sind klar: „Wenn ihr mir nochmal den Bus vollkrümelt oder die Füße auf die Polster stellt, müsst ihr putzen!“

Im benachbarten Rhein-Lahn-Kreis konnte Ahmad Arrabi dank der Busfahrer-Qualifikation im Erwerbsleben Fuß fassen. Er kam samt Familie bereits Ende 2015 aus dem Libanon nach Deutschland und wollte immer sein eigenes Geld verdienen. Es war ihm so unangenehm, auf Kosten des Staats zu leben, dass er als Gegenleistung anbot, die Straße zu kehren. „Sechs Jahre lang durfte ich nicht arbeiten!“, sagt er kopfschüttelnd. Inzwischen hat er eine Aufenthaltsgenehmigung und konnte sich weiterbilden. Der neue Beruf passt hervorragend: Der 48Jährige hat ein Faible für Fahrzeuge aller Art. In seiner Heimat hat er Autos getunt, ist Rallyes gefahren – hat aber auch behinderte Menschen von der Schule oder Werkstatt nach Hause gebracht und am Steuer von Krankenwagen gesessen. Seine Muttersprache ist Arabisch. Deutsch zu lernen, war eine große Herausforderung, zumal bei einem früheren Job auf Baustellen die Kollegen aus fast aller Herren Länder kamen und die Konversation eher mit Händen und Füßen verlief.

Ahmad Arrabi
Ahmad Arrabi freut sich, endlich arbeiten zu dürfen.

Die Busfahrerlizenz hatte Ahmad Arrabi nach acht Monaten in der Tasche. Besonders stolz ist er, dass er nach einem ersten Scheitern die IHK-Prüfung mit Bestnote abgelegt hat: „Ich habe gelernt, gelernt, gelernt. 14 Stunden am Tag!“ Kaum qualifiziert, hatte er eine Anstellung. Seit Dezember vergangenen Jahres fährt er im Rhein-Lahn-Kreis Linie für die DB , und sein Deutsch wird von Tag zu Tag besser. Immer wieder betont er, wie sehr Stefanie Hens, seine Vermittlerin im Jobcenter, ihn unterstützt und ermutigt hat. Sein Dank ist zugleich ein großes Kompliment: „Sie ist wie eine Schwester für mich.“  

Die Jobcenter Westerwald und Rhein-Lahn sind gemeinsame Einrichtungen der jeweiligen Kreisverwaltung und der Agentur für Arbeit Montabaur. „Wir nehmen viel Geld in die Hand, um  Menschen in Arbeit zu bringen. Damit das zum Erfolg führt, muss jede Qualifizierung individuell passen“, sagt Elmar Wagner, Chef der Arbeitsagentur. Ein Busführerschein kann bis zu 15.000 Euro kosten. „Frau Dormann und Herr Arrabi stehen beispielhaft dafür, dass diese Mittel gut investiert sind und Jobcenter-Kunden mit den unterschiedlichsten Biographien, Vorkenntnissen und Lebensumständen profitieren. Ganz zu schweigen von den Arbeitgebern, die Stellen besetzen können, die oft lange vakant waren.“

Das kann Stephan Lehr, Geschäftsführer der WWH Touristik, nur unterstreichen. Er freut sich, dass eine resolute und kompetente Mitarbeiterin sein Team verstärkt und Werbung für die Branche macht. „Jessika“ steht an der Frontscheibe ihres Busses. Und daneben hängt ein Schild: „Teilzeitfahrer/in gesucht!“