Der Arbeitsmarkt in Mittelholstein blieb 2023 trotz Belastungen robust - Herausforderungen für 2024

25.01.2024 | Presseinfo Nr. 4

Der Arbeitsmarkt in Mittelholstein blieb 2023 trotz Belastungen robust - Herausforderungen für 2024


„Der Arbeitsmarkt in Mittelholstein war im Jahr 2023 geprägt von wirtschaftlichen Belastungen und Unsicherheiten. Folgen der geopolitischen Krisen, der Inflation und der schwächeren Wirtschaftsentwicklung machten sich bemerkbar. Trotzdem behauptete der Arbeitsmarkt sich gut: Im Jahr 2023 waren zwar 844 mehr Menschen arbeitslos als im Jahr zuvor. Jede/r Einzelne ist zu viel, aber wir liegen trotz der herausfordernden Rahmenbedingungen unterhalb des Niveaus aus dem Jahr 2021. Die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung hat weiterhin leicht zugenommen“ so Thomas Steiger, Leiter der Agentur für Arbeit Neumünster und macht deutlich: „Der Arbeits- und Fachkräftebedarf hat sich branchenübergreifend fortgesetzt. Unternehmen halten daher möglichst an ihren Beschäftigten fest, sind aber zurückhaltender in der Nachfrage nach neuem Personal geworden. Wer ohne nennenswerte berufliche Qualifikation arbeitslos wurde, hatte es schwerer, eine neue Arbeitsstelle zu finden.“

 

Arbeitslosigkeit in Mittelholstein gestiegen

Die Zahl der Arbeitslosen stieg im Vergleich zum Vorjahr im Jahresdurchschnitt 2023 um 9,3 Prozent auf 9.907. Dieses Niveau ist höher als in der Zeit vor der Pandemie und dem
Ausbruch der kriegerischen Auseinandersetzungen. 2019 gab es im Jahresdurchschnitt 8.983 Betroffene. Nach einer Erholung am Arbeitsmarkt ab Frühjahr 2021 führten die Auswirkungen der Krisenherde nun zu einer moderat schlechteren Lage am Arbeitsmarkt.

Ein differenziertes Bild zeigt sich allerdings in den beiden Rechtskreisen: Die Arbeitslosigkeit im Rechtskreis SGB II (Bürgergeld) liegt über dem Niveau des SGB III (Arbeitslosengeld I). Im Jahresdurchschnitt 2023 liegt die Arbeitslosigkeit im SGB III bei 3.308 Personen (plus 163 oder 5,2 Prozent gegenüber dem Vorjahr), im SGB II bei 6.599 Personen (plus 681 oder 11,5 Prozent).

 

Insgesamt betroffen vom Abwärtstrend waren alle Personengruppen. Besonderen Zuwachs verzeichnete die Zahl der betroffenen Ausländer/innen. Ihre Zahl stieg im Jahresvergleich um 545 oder 24,0 Prozent. Die Zahl der arbeitslosen Menschen ohne abgeschlossene Berufsausbildung erhöhte sich um 610 oder 11,4 Prozent. „Schulbildung, berufliche Ausbildung und Qualifizierung sind mir wichtig! Wir möchten alle Personen unterstützen, die hier Nachholbedarf haben und die können und wollen“ betont Steiger.

Die Langzeitarbeitslosigkeit ist im Jahresdurchschnitt 2023 nicht nennenswert gestiegen (plus 23 oder 0,7 Prozent), wobei dies in deutlich größerem Umfang den Rechtskreis SGB II (plus 11,2 Prozent) betrifft.

Der Bestand an Arbeitslosen ist abhängig von der Zahl der Zugänge in und der Abgänge aus Arbeitslosigkeit. Die Entwicklung der Erwerbstätigkeit und der Umfang des Einsatzes
arbeitsmarktpolitischer Instrumente beeinflussen sie maßgeblich. Abgänge in Erwerbstätigkeit erfolgten in 2023 vorwiegend in die Bereiche Erbringung wirtschaftlicher Dienstleistungen*, Handel und Instandhaltung und Reparatur von Kraftfahrzeugen, Gesundheit und Soziales und in die Arbeitnehmerüberlassung.

Bewegungen in bzw. aus Arbeitslosigkeit entstehen aber beispielsweise auch durch eine kurzfristige Arbeitsunfähigkeit, die Teilnahme an Integrationskursen, Ausbildung, einer Qualifizierungsmaßnahme oder Ortsabwesenheit. Das absolute Niveau der Zu- und auch Abgänge in bzw. aus Arbeitslosigkeit zeigt, dass die Dynamik am Arbeitsmarkt abgenommen hat.

In 2023 stieg die Zahl der Personen, die nach einer Erwerbstätigkeit arbeitslos wurden, im Vergleich zum Vorjahr an (9.178 / plus 4,4 Prozent). Die Abgänge aus Arbeitslosigkeit in Erwerbstätigkeit sind leicht angestiegen (7.685 plus 2,7 Prozent).

Die Zuwanderung Geflüchteter, insbesondere die Zuwanderung geflüchteter Menschen aus der Ukraine, die seit Mitte 2022 uneingeschränkten Zugang zum Arbeitsmarkt haben und so auch zu den Arbeitslosen zählen können, hat die Zahl der Arbeitslosen erhöht. Gegenüber 2022 waren im Jahresdurchschnitt 545 ausländische Personen mehr arbeitslos (plus 24,0 Prozent).

Zum Stichtag Dezember 2023 wurden in Mittelholstein 1.801 Personen aus der Ukraine im Rechtskreis SGB II betreut. 635 von ihnen waren arbeitslos gemeldet.

 

Arbeitskräftenachfrage schwächte sich ab

Eine angespannte wirtschaftliche Lage, Verwerfungen durch Kriege und in der Folge Material und Lieferengpässe, die steigende Inflation und hohe Energiekosten haben verunsichert und die Nachfrage nach Personal negativ beeinflusst. Das Risiko, seine Arbeitsstelle zu verlieren, war gering: Aufgrund des Arbeits- und Fachkräftebedarfs wollen Unternehmen ihr Personal halten. Die Chance, eine neue Stelle zu finden, hat sich aber ebenfalls verringert. Dies zeigt sich im Rückgang bei den Stellenzugängen.

Für Mittelholstein gab es im Jahresdurchschnitt 2023 einen Zugang an gemeldeten sozialversicherungspflichtigen Arbeitsstellen von 5.391 (1.880 weniger als im Vorjahr - minus 25,9 Prozent). Den größten Anteil an den gemeldeten Stellen hatte der Bereich Erbringung wirtschaftlicher Dienstleistungen* (24,9 Prozent) gefolgt von der Arbeitnehmerüberlassung (16,5 Prozent). An dritter Stelle stand die Öffentliche Verwaltung (14,4 Prozent). Darauf folgt der Bereich Handel und Instandhaltung und Reparatur von Kraftfahrzeugen (12,5 Prozent).

Für die Stadt Neumünster zeigte sich ein Rückgang zum Vorjahr um 409 auf 2.046 gemeldete Stellen (minus 16,7 Prozent). Den höchsten Anteil an den gemeldeten Stellen hatte der Bereich Erbringung wirtschaftlicher Dienstleistungen* (28,1 Prozent) gefolgt von der Arbeitnehmerüberlassung (23,2 Prozent). Darauf folgen der Bereich Handel und Instandhaltung und Reparatur von Kraftfahrzeugen (15,7 Prozent) sowie die Öffentliche Verwaltung (13,4 Prozent).

Im Kreis Rendsburg-Eckernförde zeigte sich ein Rückgang zum Vorjahr um 1.471 oder 30,5 Prozent auf 3.345 gemeldete Stellen. Den höchsten Anteil an den gemeldeten Stellen verzeichnete der Bereich Erbringung wirtschaftlicher Dienstleistungen* (23,0 Prozent), gefolgt von der Öffentlichen Verwaltung (15,0 Prozent). An dritter Stelle findet sich die Arbeitnehmerüberlassung (12,4 Prozent) gefolgt vom Bereich Handel und Instandhaltung und Reparatur von Kraftfahrzeugen (10,6 Prozent).

 

Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten ist gestiegen

Erfreuliche Nachrichten liefern die Daten zur Beschäftigung, die aktuell zum Stichtag 30.06.2023 vorliegen. Die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten im Bezirk der
Agentur für Arbeit Neumünster ist im Vergleich zum Vorjahresquartal (Stichtag 30.06.2022) um 1,1 Prozent auf 128.059 gestiegen. Dies betrifft ausnahmslos alle Wirtschaftsbereiche. Damit liegt Mittelholstein vor Schleswig-Holstein einem Wachstum von 0,8 Prozent.

Den größten Anteil an allen sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Mittelholstein hat das Gesundheits- und Sozialwesen (17,1 Prozent), gefolgt vom Handel und der Instandhaltung und Reparatur von Kraftfahrzeugen (16,9 Prozent), der Erbringung wirtschaftlicher Dienstleistungen* (13,0 Prozent) und dem verarbeitenden Gewerbe (11,4 Prozent). Der Anteil der Zeitarbeit liegt bei 0,7 Prozent.

Leicht erhöht hat sich die Zahl der ausschließlich geringfügig Beschäftigten um 366 oder 1,9 Prozent auf 19.371.

* Darunter finden sich z. B. die Bereiche Vermietung von beweglichen Sachen, Vermittlung- und Überlassung von Arbeitskräften, Reisebüros und -veranstalter, Wach- und Sicherheitsdienste, Gebäudebetreuung, Sekretariats- und Schreibdienste.

 

Ausblick

„Der Arbeitsmarkt entwickelt sich immer mehr zu einem Markt für Arbeitsuchende. Gesucht werden sowohl Arbeits- als auch Fachkräfte. Die demographische Entwicklung wird die Situation zusätzlich verstärken. Wie stark sich die aktuellen geopolitischen Krisen auswirken werden, kann niemand vorhersehen. Aber eine Gewissheit gibt es: Ausbildung und Qualifizierung sind die richtigen Antworten auf die sich rasch weiter entwickelnden Herausforderungen durch Digitalisierung, Automatisierung und Transformation“, so Steiger und fährt fort: „Wir arbeiten eng mit Bildungsträgern zusammen und bieten Qualifizierungs- und Weiterbildungsberatung für Arbeitnehmende und Arbeitgebende an. Für die eigene berufliche Orientierung bietet das Nationale Onlineportal für berufliche Weiterbildung meinNOW Anknüpfungspunkte (www.mein-NOW.de).

In diesem Zusammenhang fokussieren wir uns auch auf das Gewinnen von Nachwuchs für die betriebliche Berufsausbildung. In Kooperation mit unseren Partnern und Partnerinnen werden viele Angebote für junge Menschen unter 25 aufgerufen, dazu gehören zum Beispiel unsere Teilnahme an Berufsorientierungsmessen und verschiedene Angebote zur Woche der Ausbildung vom 11. – 15.3.2024. Ich appelliere an dieser Stelle an alle Eltern und Erziehungsberechtigten, dies im Blick zu haben und ihre Kinder zu motivieren, die Angebote zu nutzen.

Ein großes Bewerberpotential sehe ich auch im Personenkreis der Geflüchteten. Sie haben vielfach ihre Sprach- und Integrationskurse beendet und warten auf Beschäftigungschancen. Mit dem bundesweit eingeführten Job-Turbo* wollen wir sie konzentriert unterstützen und appellieren an Unternehmen, uns ihre Beschäftigungsmöglichkeiten generell und besonders für diesen Personenkreis zu melden.

Auch weitere Personengruppen verdienen mehr Aufmerksamkeit. Menschen mit Behinderung bringen viele Fähigkeiten mit und können in vielerlei Hinsicht einen Gewinn für Unternehmen darstellen. Auch Berufsrückkehrende bringen in der Regel eine große Motivation mit, die es gilt zu nutzen. Ein notwendiger Einarbeitungs- und Unterstützungsaufwand zahlt sich hier erfahrungsgemäß schnell aus.“

*Im Rahmen des Job-Turbos möchte die Bundesregierung Geflüchtete noch schneller in Arbeit bringen. Der Job-Turbo betrifft auch stark die Arbeit in den Jobcentern. Wer einen Integrationskurs absolviert hat, soll so schnell wie möglich Arbeitserfahrung sammeln und mit dem Ziel der nachhaltigen Integration parallel weiter qualifiziert werden.