Der Arbeitsmarkt in Mittelholstein: Thorben Sauck, Vorsitzender der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Neumünster, gibt einen Rückblick auf das vergangene Jahr und blickt voraus.
- Sozialversicherungspflichtige Beschäftigung hat zugenommen.
- Die Zahl der Arbeitslosen hat sich erhöht.
- Der Arbeitsmarkt steht 2025 vor großen Herausforderungen, die Dynamik wird sich voraussichtlich verringern.
- Zentrales Thema bleibt aber unverändert die berufliche Qualifikation.
„Auch im vergangenen Jahr war der Arbeitsmarkt von vielen Herausforderungen geprägt. Die schwächere wirtschaftliche Entwicklung führte in einzelnen Branchen zur Zurückhaltung bei Neueinstellungen bzw. in Teilen auch zu Entlassungen. Auf der anderen Seite bleibt der Arbeits- und Fachkräftemangel die größte Herausforderung auf dem Arbeitsmarkt und wird sich durch die demographische Lage noch weiter verschärfen,“ so Thorben Sauck, Leiter der Agentur für Arbeit Neumünster in seinem Fazit.
Diese Entwicklungen zeigen sich auch in den regionalen Arbeitsmarktdaten des vergangenen Jahres. Die Zahl der arbeitslos gemeldeten Personen stieg im Vergleich zum Vorjahr, gleichzeitig hat aber auch die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten weiterhin leicht zugenommen.
Mittel- | Stadt Neu- | Kreis | ||||
(im Jahresdurchschnitt) | | Verän- | | Verän- | | Verän- |
Zahl der Arbeitslosen 2023 | 9.907 | 3.604 | 6.303 | |||
Zahl der Arbeitslosen 2024 | 10.451 | + 544 / + 5,5% | 3.771 | + 167 / + 4,6% | 6.680 | +377 / + 6,0% |
Arbeitslosenquote 2023 | 5,3% | 8,3% | 4,4% | |||
Arbeitslosenquote 2024 | 5,5% | 8,6% | 4,6% | |||
Svpfl. Beschäftigung 2023 | 128.059 | 43.215 | 84.844 |
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Svpfl. Beschäftigung 2024 | 129.862 | + 1.803/ + 1,4 % | 43.249 | + 34 / + 0,1 % | 86.613 | + 1.769 / + 2,1 % |
Zugang Arbeitsstellen 2023 | 5.436 | 2.055 | 3.381 |
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Zugang Arbeitsstellen 2024 | 5.845 | + 409 / + 8,4 % | 1.891 | - 164 / - 7,6% | 3.954 | + 573 / + 18,2 % |
Daneben machte Sauck deutlich: „Unverändert gilt, wer ohne aktuell verwertbare berufliche Qualifikation arbeitslos wird, hat es schwerer, eine neue Arbeitsstelle zu finden. Und Betriebe sind gefordert ihre Beschäftigten „zukunftsfähig“ fit zu machen. Deshalb ist mir wichtig, dass sich Beschäftigte, Arbeitsuchende und die Unternehmen offen für berufliche Qualifizierungen zeigen. Hier haben wir vielfältige Unterstützungsangebote. Berufliche Ausbildung und Qualifizierung sind der Schlüssel für eine nachhaltige Integration in den Arbeitsmarkt!“
Arbeitslosigkeit in Mittelholstein gestiegen
Die Zahl der arbeitslos gemeldeten Personen stieg im Vergleich zum Vorjahr im Jahresdurchschnitt 2024 um 5,5 Prozent auf 10.451. Ein differenziertes Bild zeigt sich im Vergleich der beiden Rechtskreise. Im Jahresdurchschnitt 2024 waren bei der Agentur für Arbeit (Arbeitslosengeld I / SGB III) 3.494 Personen arbeitslos gemeldet (plus 186 oder 5,6 Prozent gegenüber dem Vorjahr) und in den beiden Jobcentern im Agenturbezirk (Bürgergeld / SGB II) 6.957 Personen (plus 358 oder 5,4 Prozent).
Insgesamt betroffen vom Zuwachs waren alle Personengruppen. Einen besonderen Anstieg verzeichnete die Zahl der Personen mit einer ausländischen Staatsangehörigkeit. Ihre Zahl stieg im Jahresvergleich um 271 oder 9,6 Prozent, insbesondere resultierend aus der Zahl geflüchteter Menschen. Die Zahl der arbeitslosen Menschen ohne abgeschlossene Berufsausbildung erhöhte sich um 256 oder 4,3 Prozent.
Die Langzeitarbeitslosigkeit ist im Jahresdurchschnitt 2024 ebenfalls gestiegen (plus 267 oder 8,2 Prozent), wobei dies in deutlich größerem Umfang den Rechtskreis SGB II (plus 9,4 Prozent) betrifft. Hier zeigt sich die zurückgegangene Aufnahmefähigkeit des Arbeitsmarktes.
Die Zahl der arbeitslos gemeldeten Personen ist allerdings keine feste Größe. Der Bestand an Arbeitslosen ist abhängig von der Zahl der Zugänge in und der Abgänge aus Arbeitslosigkeit. Das absolute Niveau der Zu- und auch Abgänge in bzw. aus Arbeitslosigkeit zeigt ebenfalls, dass die Dynamik am Arbeitsmarkt abgenommen hat.
In 2024 stieg die Zahl der Personen, die nach einer Erwerbstätigkeit arbeitslos wurden, im Vergleich zum Vorjahr leicht an (9.197 / plus 0,2 Prozent). Die Abgänge aus Arbeitslosigkeit in Erwerbstätigkeit sind leicht angestiegen (7.936 plus 3,3 Prozent).
Abgänge in sozialversicherungspflichtige Erwerbstätigkeit erfolgten in 2024 vorwiegend in die Bereiche Erbringung wirtschaftlicher Dienstleistungen*, Handel, Gesundheit und Soziales und in die Arbeitnehmerüberlassung.
Arbeitskräftenachfrage schwächte sich ab
Betriebe versuchten, auch in einer schwächeren konjunkturellen Lage, ihr Personal – insbesondere Fachkräfte - zu halten. Das Risiko, seine Arbeitsstelle zu verlieren, war daher gering, stieg aber im Jahresverlauf an. Die Chance, eine neue Stelle zu finden, hat sich dann bei Eintritt von Arbeitslosigkeit verringert.
Für Mittelholstein gab es im Jahresdurchschnitt 2024 einen Zugang an gemeldeten sozialversicherungspflichtigen Arbeitsstellen von 5.845 (409 mehr als im Vorjahr - plus 8,4 Prozent). Den größten Anteil an den gemeldeten Stellen hatte der Bereich Erbringung wirtschaftlicher Dienstleistungen* (25,7 Prozent) gefolgt von der Arbeitnehmerüberlassung (15,3 Prozent). An dritter Stelle stand die Öffentliche Verwaltung (11,2 Prozent). Darauf folgt der Bereich Handel (11,0 Prozent).
Für die Stadt Neumünster zeigte sich ein Rückgang zum Vorjahr um 164 auf 1.891 gemeldete Stellen (minus 7,6 Prozent). Den höchsten Anteil an den gemeldeten Stellen hatte der Bereich Erbringung wirtschaftlicher Dienstleistungen* (27,8 Prozent) gefolgt von der Arbeitnehmerüberlassung (22,1 Prozent). Darauf folgen der Bereich Öffentliche Verwaltung (13,4 Prozent) sowie der Bereich Handel (12,3 Prozent).
Im Kreis Rendsburg-Eckernförde zeigte sich ein Zuwachs zum Vorjahr um 573 oder 18,2 Prozent auf 3.954 gemeldete Stellen. Den höchsten Anteil an den gemeldeten Stellen verzeichnete der Bereich Erbringung wirtschaftlicher Dienstleistungen* (24,8 Prozent), gefolgt von der Arbeitnehmerüberlassung (12,0 Prozent). An dritter Stelle findet sich das Gesundheits- und Sozialwesen (11,3 Prozent) gefolgt vom Bereich Handel (10,3 Prozent).
Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten ist gestiegen
Erfreuliche Nachrichten liefern die Daten zur Beschäftigung, die aktuell zum Stichtag 30.06.2024 vorliegen. Die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten im Bezirk der Agentur für Arbeit Neumünster ist im Vergleich zum Vorjahresquartal (Stichtag 30.06.2023) um 1,4 Prozent auf 129.862 gestiegen. Dies betrifft ausnahmslos alle Wirtschaftsbereiche. Damit liegt Mittelholstein über dem Landesdurchschnitt (Schleswig-Holstein 0,6 Prozent).
Den größten Anteil an allen sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten in Mittelholstein hat das Gesundheits- und Sozialwesen (17,0 Prozent), gefolgt vom Handel (16,9 Prozent), der Erbringung wirtschaftlicher Dienstleistungen* (13,3 Prozent) und dem verarbeitenden Gewerbe (11,0 Prozent). Der Anteil der Zeitarbeit liegt unverändert bei 0,7 Prozent.
Die Zahl der ausschließlich geringfügig Beschäftigten ist um 457 oder 1,1 Prozent auf 19.828 gesunken.
* Darunter finden sich z. B. die Bereiche Grundstücks- und Wohnungswesen, Rechts- und Steuerberatung, Vermietung von beweglichen Sachen (z. B. landwirtschaftliche oder Bau- Maschinen und Geräte), Wach- und Sicherheitsdienste, Gebäudebetreuung, Garten- und Landschaftsbau.
Ausblick
„Der Arbeitsmarkt entwickelt sich immer mehr zweigleisig: Zum einen bieten sich qualifizierten Fachkräften sehr gute Chancen, weniger qualifizierte Arbeitnehmende, die arbeitslos werden, finden aber immer schwieriger einen neuen Job. Ursächlich hierfür ist unter anderem die rasante Entwicklung in Digitalisierung, Automatisierung und Transformation. Die demographische Entwicklung wird die Situation zusätzlich verstärken. Mit der Generation der so genannten Baby-Boomer fehlen absehbar so viele Arbeitskräfte, die nicht allein durch die jüngeren Generationen aufgefangen werden können. Und wie stark sich die aktuellen geopolitischen Krisen weiterhin auswirken werden, kann niemand vorhersehen. Ganz gewiss aber ist: Ausbildung und Qualifizierung sind die richtigen Antworten. Wir fördern einen regelmäßigen Austausch von Über- und Unterbedarf und setzen auf die Mitarbeit aller am Arbeitsmarkt Beteiligten, damit Arbeitslosigkeit gar nicht erst entstehen muss“, so Sauck und fährt fort: „Wir arbeiten eng mit unseren Netzwerkpartnern zusammen und bieten Unterstützung in vielfältiger Weise für Arbeitnehmende und Arbeitgebende an. In diesem Zusammenhang setzen wir ebenfalls weiterhin auf das Gewinnen von Nachwuchs für die betriebliche Berufsausbildung. In Kooperation mit unseren Partnern und Partnerinnen werden viele Angebote für junge Menschen unter 25 aufgerufen, dazu gehören zum Beispiel unsere Teilnahme an Berufsorientierungsmessen und verschiedene Angebote zur Woche der Ausbildung vom 24. – 28.3.2025. Ich appelliere an dieser Stelle an alle Eltern und Erziehungsberechtigten, dies im Blick zu haben und ihre Kinder zu motivieren, die Angebote zu nutzen.
Daneben müssen wir aber auch verschiedene Personengruppen noch stärker gemeinsam in den Fokus nehmen, die dringend benötigt werden, um entstehende Lücken auf dem Arbeitsmarkt zu schließen.
Neben den Menschen mit Fluchthintergrund, für die eine Arbeitsaufnahme einen wesentlichen Beitrag zur Integration darstellt, liegt Sauck insbesondere auch die Personengruppe der Menschen mit Behinderung am Herzen. Aber egal ob bestimmte arbeitslos gemeldete Personengruppen, Unternehmen und deren Beschäftigte oder aber auch Aspekte der Fachkräfteeinwanderung: Die Beratungs- und Unterstützungsmöglichkeiten der Agentur für Arbeit sind vielfältig“, so das Schlussfazit von Thorben Sauck.