Werden gehörlose Menschen gut in betriebliche Abläufe eingebunden, können sie ihre Aufgaben ohne Einschränkungen erfüllen und zur Wertschöpfung beitragen wie alle anderen auch.

Das zeigt Michael Schmitz aus dem Kreis Höxter tagtäglich bei seiner Arbeit. Der 48 Jahre alte Mann ist gehörlos. Wenn er nach seiner Arbeit gefragt wird, leuchten seine Augen.

Der gelernte Verpackungsmechaniker arbeitet für sein Leben gern. „Ich liebe meine Tätigkeit. Sie ist wirklich sehr abwechslungsreich“, sagt er.

Michael Schmitz arbeitet bei der Neo Cos Service GmbH, einem Hersteller von Kosmetikprodukten mit Sitz in Höxter-Stahle. Das Unternehmen hat sich bewusst dafür entschieden, Michael Schmitz beruflich eine Chance zu bieten. „Jede Mitarbeiterin und jeder Mitarbeiter bereichert als Individuum unser Team und prägt unser Leitbild“, sagt der Geschäftsführer von NeoCos, Dr. Thomas Gibtner. Er betont auch: „Unsere Erfahrung mit Michael Schmitz zeigt: Gehörlose Menschen können mit ihrer Leistung ebenso zum unternehmerischen Erfolg beitragen wie Menschen, die keine Einschränkung haben“.

Michael Schmitz hat bei NeoCos in der Abfüllung und Konfektionierung einen festen Platz gefunden, übernimmt daneben aber auch andere Aufgaben. Damit sich Menschen mit Einschränkungen wie einer Gehörlosigkeit voll einbringen können, muss dafür gesorgt sein, dass keine Barrieren im Weg stehen. Wie die Erfahrung von NeoCos mit Michael Schmitz zeigt, ist das aber machbar und die Zusammenarbeit kann dann von dauerhaftem Erfolg gekrönt sein. Das bestätigt auch die Chefin von Michael Schmitz, Danuta Streicher, Leiterin der Bereiche Verpackung und Abfüllung: „Es ist wichtig, dass sich die Leitung auf einen Menschen mit individuellen Einschränkungen einstellt und das Bewusstsein unter Kolleginnen und Kollegen für Besonderheiten in der Zusammenarbeit mit gehörlosen Menschen fördert. So haben wir es gemacht und das hat im Fall von Herrn Schmitz wirklich super geklappt“.

Hilfreich könne sein, wenn Kolleginnen und Kollegen bereit seien, mit einem gehörlosen Menschen visuell zu kommunizieren, um Aufgaben abzustimmen. „Diese Form der Kommunikation hat sich bei uns zunehmend etabliert. Darüber hinaus sind ein Tablet für die schriftbasierte Kommunikation und anlassbezogen das Gebärdensprachdolmetschen gute Wege, um sich auszutauschen“, sagt Danuta Streicher.

Manche Arbeitgeber halten sich mit der Entscheidung dennoch zurück, Menschen mit Einschränkungen wie einer Gehörlosigkeit zu beschäftigen. Doch die Erfahrungen der Neo Cos Service GmbH zeigen, dass es lohnenswert sein kann, eine solche Haltung aufzugeben. „Bei uns im Haus war anfangs eine gewisse Zurückhaltung schon auch spürbar. Aber das hat sich schnell gelegt. Michael Schmitz ist ein sehr offener Mensch und wird für seine Arbeit sehr geschätzt. Er hat sich in kürzester Zeit ein gutes Standing erarbeitet“, sagt Danuta Streicher.

Die Agentur für Arbeit Höxter wirbt unter Arbeitgebern dafür, Potentiale von Menschen mit Behinderungen stärker zu berücksichtigen. „Oft sind es nicht die Menschen selbst, sondern Barrieren der Umwelt, die eine Beschäftigung von Menschen mit Behinderungen erschweren“, erklärt Norbert Schäfers, Spezialist für Rehabilitation und Teilhabe von der Agentur für Arbeit Paderborn.

Durch Förderinstrumente wie den Eingliederungszuschuss werden Arbeitgeber durch die Agentur für Arbeit darin unterstützt, Menschen mit Behinderungen zu beschäftigen. Der mehrmonatige Zuschuss zum Arbeitsentgelt entlastet Unternehmen bei der Einarbeitung. Die Neo Cos Service GmbH nutzte diese Förderung beim Start von Michael Schmitz.

Als mittelständisches Unternehmen stellt NeoCos unter anderem Hautpflegeprodukte wie Cremes und Öle und verschiedene Haarpflegeprodukte her. Produziert wird für Marken von Auftraggebern in Europa, Asien und Amerika. „Wir schaffen individuelle Kosmetikprodukte, von der Idee bis zum fertigen Produkt, exakt auf die Anforderungen unserer B2B-Kunden zugeschnitten“, erzählt Abteilungsleiterin Danuta Streicher. Michael Schmitz sagt: „Gerade, dass viele Schritte in der Herstellung, Verpackung und Abfüllung bei NeoCos nicht automatisiert sind, gefällt mir“.

Das Unternehmen mit mehr als 80 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern agiert im B2B-Bereich – für Endverbraucher und Endverbraucherinnen nicht unmittelbar präsent, aber für viele Marken ein zentraler Partner in der Kosmetikherstellung. Hier durchlaufen kosmetische Produkte sämtliche Schritte der Entwicklung und Herstellung, bis sie marktreif sind. Aufträge und Produkte variieren ständig –  anders als in der Großserienproduktion. All das fasziniert Michael Schmitz. „Die Abfüllung kosmetischer Produkte erfordert viel Präzision; die Einhaltung hoher Standards, ebenso eine umfassende Dokumentation“, erklärt er.

Patrick Beiersdorfer, Leiter des Teams für Rehabilitation und Teilhabe der Agentur für Arbeit Paderborn, zieht ein positives Fazit: „Menschen mit Behinderungen verfügen in aller Regel über gute Qualifikationen und eine hohe Motivation. Arbeitgeber, die Offenheit zeigen und Förderangebote nutzen, profitieren mehrfach – sie gewinnen qualifizierte Mitarbeitende und stärken zugleich ihre Unternehmenskultur.“

Beiersdorfer betont mit Blick auf die gute berufliche Entwicklung von Michael Schmitz bei der Neo Cos Service GmbH: „Keine Frage, Arbeitgeber müssen dazu bereit sein, die Arbeitsumgebung individuell auf die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen anzupassen. Ein bewusster Abbau von Barrieren ist ebenso erforderlich wie die aktive Gestaltung einer inklusiven Unternehmenskultur. Sind diese Bedingungen aber erfüllt, können sich Menschen mit Behinderungen beruflich ebenso zuverlässig, kompetent und produktiv wie andere Beschäftigte entwickeln und wertvolle Impulse für das Unternehmen einbringen. Gibt es einen pragmatischen Umgang und Offenheit, erwächst aus der Beschäftigung von Menschen mit Behinderungen großes Potential.“