Menschen mit Behinderungen üben zwar in wachsender Zahl eine Beschäftigung aus. Aber sie haben es nach wie vor am Arbeitsmarkt deutlich schwerer. Das gilt trotz größerer Offenheit der Arbeitgeber, Menschen mit Behinderungen einzustellen. „Es ist eine erfreuliche Entwicklung, dass Menschen mit Behinderungen verstärkt ihren Weg in Arbeit finden können, aber es gibt auch weiter Vorurteile am Arbeitsmarkt, die gleichberechtigter Teilhabe entgegenstehen. Darin liegt auch insofern ein Problem, als wichtige verfügbare Potentiale bei Erwerbstätigen trotz vorhandenen Arbeits- und Fachkräftemangels teilweise nicht ausgeschöpft werden“, sagt Heinz Thiele, Leiter der Agentur für Arbeit Paderborn.
Anlässlich der Woche der Menschen mit Behinderungen in der ersten Woche im Dezember 2025 sendet der Arbeitsmarktexperte ein Signal für Gleichberechtigung und eine Stärkung der Arbeits- und Fachkräftebasis: „Ich möchte Arbeitgeber zu größerer Offenheit ermutigen, Menschen mit Behinderungen zu beschäftigen. Potentiale gleichberechtigter Teilhabe für den Arbeitsmarkt werden zwar zunehmend positiv wahrgenommen und ausgeschöpft, aber diese könnten noch weit mehr genutzt werden“.
Heinz Thiele betont auch, dass digitale Lösungen in vielen Berufen grundsätzlich vorhandene individuelle Einschränkungen von Menschen inzwischen überwindbar machen: „Teilhabe und Inklusion am Arbeitsmarkt empfinden immer mehr Menschen heute als selbstverständlich. Auch weil der Arbeits- und Fachkräftemangel viele Jahre bestehen wird, ist große Offenheit in der Personalpolitik wichtig. Teilhabe am Arbeitsmarkt kann heute technisch viel besser ermöglicht werden. Das Gebot der Stunde kann nur lauten, allen Menschen im gesamten Erwerbsleben gute Möglichkeiten zu eröffnen, sich beruflich einzubringen“.
Wie die Beschäftigung insgesamt, ist auch die Zahl der Menschen mit Behinderungen in den vergangenen Jahren gestiegen: 1.177 beschäftigte Menschen mit anerkannten schweren Behinderungen gab es im Jahr 2018; bis 2023 ist der Wert um 43 auf 1.220 Menschen gestiegen. Das entspricht einem leichten Zuwachs von 3,7 Prozent in fünf Jahren, zeigen Daten der Agentur für Arbeit. „Es geht in die richtige Richtung, auch weil eine professionelle Praxis in der Zusammenarbeit mit behinderten Menschen Vorbehalte widerlegt“, sagt der Leiter der Agentur für Arbeit Paderborn, Heinz Thiele.
Mehr als ein Zehntel der Bevölkerung im Kreis Höxter weist im Alter zwischen 55 und 65 Jahre eine anerkannte Schwerbehinderung auf. Möglichst große Teilhabe bis ins Rentenalter zu ermöglichen, ist aufgrund demographischer Entwicklungen zwingend“, erläutert Thiele weiter.
Menschen mit Behinderungen sehen sich trotz positiver Entwicklung der Beschäftigtenzahl weiter erheblichen Schwierigkeiten am Arbeitsmarkt gegenüber: So brauchen arbeitslose Menschen mit Behinderungen im Kreis Höxter deutlich länger, um eine Erwerbstätigkeit zu finden als Menschen ohne Behinderungen, belegen Zahlen der Agentur für Arbeit. Bis zur Aufnahme einer Beschäftigung oder Ausbildung benötigen Menschen mit Behinderungen 166 Tage; der Wert beträgt für die Beschäftigten insgesamt demgegenüber 131 Tage.
Dabei verfügen 58 Prozent der arbeitslosen Menschen mit schwerer Behinderung im Kreis Höxter über eine abgeschlossene Ausbildung; Menschen mit Behinderungen sind gut qualifiziert. „Sie sind wertvolle Arbeits- und Fachkräfte. Dieses qualifizierte Potential muss noch besser für den Arbeitsmarkt erschlossen werden“, sagt Heinz Thiele.
Die Digitalisierung vermag Chancen zu eröffnen, kann sich aber auch nachteilig auf Beschäftigungsmöglichkeiten für Menschen mit Behinderungen auswirken. „Menschen mit Behinderungen üben zum Teil auch einfache Tätigkeiten aus, die zunehmend automatisiert werden. Beschäftigungsverhältnisse können hierdurch in besonderem Maß gefährdet sein“, sagt Heinz Thiele. Ein besonderes Risiko ergebe sich, wenn hierdurch Stellen wegfallen, was die Beschäftigungssuche insgesamt erschwert.
Homeoffice und Remote-Arbeit bringen dagegen Vorteile. Diese ermöglichen es Menschen mit eingeschränkter Mobilität verstärkt, von zu Hause zu arbeiten. Auch können durch Assistenztechnologien wie Spracherkennungssoftware, Bildschirmlesegeräte und Eingabegeräte heute besondere Barrieren sehr gut überwunden werden, wenn etwa Sinnesbeeinträchtigungen oder körperliche Einschränkungen vorhanden sind.
Weil zunehmend intelligente Maschinen und Sensoren in der Produktion zum Einsatz kommen, haben sich zudem die Beschäftigungsmöglichkeiten für Menschen mit Behinderungen in der Industrie verbessert. Das verarbeitende Gewerbe beschäftigt im Kreis Höxter die meisten Menschen mit Behinderungen.
„Die Agentur für Arbeit unterstützt Arbeitgeber auch finanziell darin, die Arbeitsumgebung auf die individuellen Bedarfe von Menschen mit Einschränkungen einzustellen, so dass diese optimal ausgestaltet ist. Das Team für Rehabilitation und Teilhabe der Agentur für Arbeit Paderborn berät Unternehmen in allen Fragen gerne und fachkundig – gerade auch dann, wenn Menschen mit Behinderungen noch nicht oder in sehr geringer Zahl beschäftigt werden und Erfahrungswerte fehlen“, sagt Heinz Thiele.