In Sachsen leben über 150.000 schwerbehinderte Menschen im erwerbsfähigen Alter. Viele von ihnen stehen bereits mitten im Berufsleben – doch noch immer bleiben ihre Potenziale häufig ungenutzt. Dabei sind Menschen mit Behinderungen gut ausgebildet und in vielen Branchen erfolgreich tätig. Die Bundesagentur für Arbeit unterstützt Unternehmen dabei, diese Fachkräfte erfolgreich zu integrieren.
Trotz Fortschritten: Nicht alle Arbeitgeber kommen ihrer Pflicht nach. Rund ein Viertel der Betriebe mit mehr als 20 Mitarbeitenden in Sachsen beschäftigt keine Menschen mit Behinderungen. Dabei gibt es zahlreiche Fördermöglichkeiten, die Hürden abbauen und eine Win-win-Situation schaffen.
„Die Integration von Menschen mit Behinderungen in den Arbeitsmarkt ist nicht nur eine Frage der sozialen Verantwortung. In diesen steckt auch – entgegen mitunter vorhandener Vorurteile – ein signifikantes Fachkräftepotenzial, auf welches wir angesichts der demografischen Entwicklung dringend angewiesen sind. Entscheidend ist nicht, was jemand nicht kann, sondern welche Stärken und Talente er oder sie mitbringt. Mit den richtigen Unterstützungsmöglichkeiten, wie finanzierten Arbeitshilfen oder gezielten Förderprogrammen, können Menschen mit Behinderungen ihr volles Leistungspotenzial entfalten und für jedes Team eine echte Bereicherung sein“, sagte Steffen Leonhardi, Geschäftsführer operativ und Vizechef der Regionaldirektion Sachsen der Bundesagentur für Arbeit.
Jeder 15. Arbeitslose ist schwerbehindert
In Sachsen sind derzeit 138.500 Menschen arbeitslos gemeldet, darunter 9.200 schwerbehinderte (Stand: November 2024). Damit liegt deren Anteil an der Gesamtarbeitslosigkeit bei 6,6 Prozent.
Schwerbehinderte sind formal besser qualifiziert und häufiger Fachkräfte
Menschen mit Behinderungen sind meist gut ausgebildete Fachkräfte und in vielen Bereichen der Wirtschaft einsetzbar. So haben von den aktuell 9.200 arbeitslosen Schwerbehinderten insgesamt 67 Prozent einen Berufsabschluss oder eine akademische Ausbildung. Damit waren Menschen mit Beeinträchtigungen besser qualifiziert als der Durchschnitt aller Arbeitslosen. Von allen 138.500 arbeitslos gemeldeten Frauen und Männern haben 59 Prozent eine Berufsausbildung oder einen akademischen Abschluss.
Stabiler Beschäftigungsanstieg bei Schwerbehinderten und Gleichgestellten
Im Jahr 2022 (aktuellster Stand) waren in Sachsen 46.767 schwerbehinderte Menschen und ihnen Gleichgestellte sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Das waren 158 mehr als im Jahr 2021 (plus 0,3 Prozent) und 7.540 mehr als im Jahr 2012 (plus 19,2 Prozent).
Von den rund 46.800 sozialversicherungspflichtig Beschäftigten mit Behinderung arbeitet etwa jeder Vierte in der öffentlichen Verwaltung, jeder Sechste im Verarbeitenden Gewerbe und jeder Neunte im Sozialwesen. Aber auch im Gesundheitswesen, im Handel und im Logistikbereich arbeiten viele Schwerbehinderte und Gleichgestellte. Vergleichsweise wenig Menschen mit Behinderung arbeiten in der Landwirtschaft, in der Zeitarbeit oder auch im Gastgewerbe.
Drei von vier der sächsischen Arbeitgeber erfüllen die Beschäftigungspflicht ganz oder teilweise
Im Jahr 2022 sind rund 39 Prozent (3.460) der 8.900 Arbeitgeber mit 20 und mehr Arbeitsplätzen ihrer Pflicht zur Beschäftigung schwerbehinderter Menschen vollständig nachgekommen. Diese so genannte Erfüllungsquote lag 2022 bei 38,8 Prozent und damit etwa auf dem Niveau von 2021 (38,7 Prozent). Vor zehn Jahren (2012) lag sie bei 38,2 Prozent und ist seitdem leicht gestiegen.
Damit erfüllen aktuell rund 3.500 Arbeitgeber ihre Beschäftigungspflicht. Auffällig ist, dass etwa 2.100 dieser Arbeitgeber mehr Schwerbehinderte beschäftigen, als sie müssten. Sie übererfüllen die Beschäftigungspflicht und sind damit wahre Chancengeber – dazu gehört jeder vierte Betrieb.
Darüber hinaus haben 36 Prozent (3.200) sächsische Arbeitgeber ihre Beschäftigungspflicht teilweise erfüllt. Das bedeutet, diese Arbeitgeber haben nur einen Teil ihrer gesetzlich vorgeschriebenen Arbeitsplätze mit schwerbehinderten Mitarbeitenden besetzt.
Etwa 2.300 sächsische Arbeitgeber die der Beschäftigungspflicht unterliegen haben ihre Pflichtarbeitsplätze überhaupt nicht besetzt und beschäftigen keine schwerbehinderten Menschen (Vergleich 2012: rund 2.200).
Ausgleichsabgabe kann bis zu 720 Euro betragen
Arbeitgeber, die ihre Beschäftigungspflicht nicht oder nur teilweise erfüllen, müssen eine Ausgleichsabgabe an die Integrationsämter zahlen. In Sachsen ist das der Kommunaler Sozialverband Sachsen.
Die Ausgleichsabgabe ist nach Betriebsgröße und Höhe der Beschäftigungsquote gestaffelt. Die Abgabe dient unter anderem dazu, einen finanziellen Ausgleich für Arbeitgeber zu schaffen, die ihre Pflichtarbeitsplätze mit schwerbehinderten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern besetzen und dadurch möglicherweise zusätzliche Kosten tragen.
Die Ausgleichsabgabe betrug für das Anzeigejahr 2022 zwischen 140 Euro bis 360 Euro pro Monat. Mit dem Gesetz zum inklusiven Arbeitsmarkt wurde zum 1. Januar 2024 eine erhöhte Ausgleichsabgabe für diejenigen Betriebe eingeführt, die ihrer Beschäftigungspflicht nicht nachkommen. Für diese Arbeitgeber kann die Ausgleichsabgabe je nach Betriebsgröße auf bis zu 720 Euro monatlich steigen.
Auch kleine Unternehmen setzen auf das Potenzial der Schwerbehinderten
Arbeitgeber mit weniger als zwanzig zu zählenden Arbeitsplätzen sind nicht verpflichtet, schwerbehinderte Menschen zu beschäftigten und eine Meldung darüber zu erstatten. Jedoch wird die Anzahl schwerbehinderter und ihnen gleichgestellter Menschen in den Kleinbetrieben alle fünf Jahre aus einer repräsentativen Teilerhebung ermittelt. Die aktuellste Hochrechnung für das Jahr 2020 zeigt für Sachsen, dass rund 11.900 schwerbehinderte und ihnen gleichgestellte Menschen in diesen sächsischen Kleinbetrieben einer Beschäftigung nachgehen.
Bundesagentur für Arbeit berät, fördert und unterstützt Unternehmen
• Technische Berater
Mitarbeiter aus den Agenturen für Arbeit sind Spezialisten in der Einrichtung von geeigneten Arbeitsplätzen für Menschen mit Behinderung. Diese Technischen Berater klären gemeinsam mit Arbeitgebern vor Ort, unter welchen Bedingungen die Beschäftigung von Menschen mit Behinderung möglich ist. Zudem leisten sie Unterstützung bei der Beantragung von Zuschüssen für die richtige Arbeitsplatzgestaltung.
• Eingliederungszuschuss:
Betriebe die beispielsweise Schwerbehinderte Menschen aus der Arbeitslosigkeit heraus einstellen können einen Lohnzuschuss beantragen, um Defizite auszugleichen und die Einarbeitung sicherstellen. Dieser monatliche Zuschuss wird für bis zu zwei Jahre an den Arbeitgeber gezahlt und kann bis zu 70 Prozent des Arbeitsentgeltes betragen. Zusätzlich wird eine Pauschale für die Sozialversicherung gewährt. In besonderen Einzelfällen kann diese Förderung sogar bis 60 Monate, bei über 55- Jährigen bis zu 96 Monate erfolgen.
• Ausbildungszuschuss / Eingliederungszuschuss nach Ausbildung:
Um für behinderte bzw. schwerbehinderte Menschen die Chancen auf eine betriebliche Ausbildung und damit einen Berufsabschluss zu verbessern, können dem Arbeitgeber als Anreiz Zuschüsse zur Ausbildungsvergütung oder einer vergleichbaren Vergütung gewährt werden. Bei Übernahme eines schwerbehinderten Menschen in ein Arbeitsverhältnis durch den Ausbildenden oder einen anderen Arbeitgeber im Anschluss an eine geförderte Ausbildung kann ebenso ein Eingliederungszuschuss erbracht werden.
• Probebeschäftigung:
Arbeitgebern können die Kosten für die befristete Probebeschäftigung behinderter, schwerbehinderter und ihnen gleichgestellten Menschen bis zu einer Dauer von drei Monaten erstattet werden. Wesentliche Voraussetzung dafür ist, dass dadurch die Möglichkeit einer Teilhabe am Arbeitsleben verbessert wird oder eine vollständige und dauerhafte Teilhabe zu erreichen ist.
Spezialisten helfen den sächsischen Betrieben
Arbeitgeber können sich mit ihren Fragen rund um die Beschäftigung von Menschen mit Behinderungen an ihre örtliche Arbeitsagentur wenden. Der Arbeitgeber-Service der BA steht Unternehmen als kompetenter Ansprechpartner zur Verfügung und informiert zu den verschiedenen Förderinstrumenten. Diese reichen von Qualifizierungsmaßnahmen über Gehaltszuschüsse für Unternehmen bis hin zur Unterstützung bei der technischen Ausstattung von Arbeitsplätzen für Menschen mit Behinderungen. Auch die Integrationsämter beraten, informieren und unterstützen bei der Beschäftigung von Menschen mit Behinderungen.
Darüber hinaus gibt es in Sachsen die „Einheitlichen Ansprechstellen für Arbeitgeber“. Das CoWerk (Südwestsachsen und Region Dresden), das BBBW (Raum Leipzig) und die Malteser (Raum Bautzen) sind als „Lotsen“ die Ansprechpartner für Betriebe.
Die sächsische Allianz Arbeit + Behinderung fördert Inklusion
Wichtige Themen macht man gemeinsam: Die Allianz Arbeit + Behinderung zur Beschäftigungsförderung von Menschen mit Behinderungen wurde am 03. Dezember 2010 gegründet und setzt sich aus 21 Partnern aus Politik und Wirtschaft zusammen. Um die Situation von Menschen mit Behinderungen auf dem Arbeitsmarkt zu verbessern und den Übergang in den allgemeinen Arbeitsmarkt zu gestalten, arbeiten die Partner u.a. an folgenden Zielen gemeinsam: die Potenziale von Menschen mit Behinderung vermitteln, die duale Berufsausbildung von Menschen mit Behinderung stärken und Arbeitsplätze auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt schaffen und sichern.