Bilanz Ausbildungsjahr 2022/2023

Die Bilanz für das Ausbildungsjahr 2022/2023 fällt für den Agenturbezirk Siegen zweigeteilt aus.

02.11.2023 | Presseinfo Nr. 69

Aufschwung nutzen - Kein Potential darf verloren gehen

Die Bilanz für das Ausbildungsjahr 2022/2023 fällt für den Agenturbezirk Siegen zweigeteilt aus: Einerseits konnte wieder mehr Ausbildungsinteresse bei den Jugendlichen geweckt werden. Die Zahl der Bewerberinnen und Bewerber stieg im Vergleich zum Vorjahr leicht an. Im landesweiten Vergleich sank sie dagegen. Anderseits ist der Zuwachs recht gering, sodass die Bedarfe der Unternehmen und Betriebe nicht zufriedenstellend gedeckt werden können, auch wenn diese im abgelaufenen Ausbildungsjahr ihrerseits weniger Stellen gemeldet haben und in der Rekrutierung derzeit auf Sicht fahren. 
Die Anzahl an unbesetzten Ausbildungsstellen steigt. Auf 100 gemeldete Ausbildungsplätze kommen in den Kreisen Siegen-Wittgenstein und Olpe durchschnittlich 56 Bewerber. 

Nach Kreisen betrachtet ist die Entwicklung in Olpe besonders herausfordernd: Hier stehen 100 gemeldeten Lehrstellen lediglich 44 Bewerberinnen und Bewerber gegenüber. Im Kreis Siegen-Wittgenstein liegt die Relation für das zurückliegende Jahr bei 64 Ausbildungssuchenden zu 100 Stellenangeboten.
„Der Ausbildungsmarkt bleibt ein Bewerbermarkt. Der deutliche Überhang an Stellen führt dazu, dass viele attraktive Ausbildungsplätze unbesetzt bleiben“, bilanziert Stephanie Krömer, Vorsitzende der Geschäftsführung der Arbeitsagentur Siegen.
Aus der Differenz von Angebot und Nachfrage resultiert ein hoher Bedarf bei den Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern an motivierten Lehrlingen. Das spiegelt sich auch in deren intensiven und veränderten Rekrutierungsbemühungen wieder. Die Unternehmen in der Region nutzen zunehmend Social-Media-Kanäle, um die Aufmerksamkeit der Jugendlichen dort zu gewinnen, wo sie sich virtuell tummeln. 

Betrachtet man dabei die Entwicklung der Bewerberzahlen nach Geschlechtern so lässt sich festhalten, dass sich mehr männliche Bewerber im abgelaufenen Ausbildungsjahr für eine Ausbildung entschieden haben. Mit einem Plus von 9,6 Prozent lag ihr Anteil an allen Ausbildungssuchenden bei 62,4 Prozent. Nach Nationalitäten berechnet lässt sich zudem feststellen, dass zunehmend mehr ausländische Bewerberinnen und Bewerber sich für eine Lehrstelle entscheiden. Deren Anteil an allen Auszubildenden stieg im Vergleich zum Vorjahr in 2022/2023 um 12 Prozent auf 17,9 Prozent v. H. und damit auf insgesamt 382 Personen (2021/2022: 341 Personen). 

Ausbildungsplatz-Angebot

Das Angebot an betrieblichen Ausbildungsplätzen ist im Berichtsjahr 2022/2023 stabil geblieben. Auch hier verhält es sich in beiden Kreisen anders als im landesweiten Durchschnitt, wo das Angebot an Lehrstellen spürbar sinkt. 
Die Top 10 der Ausbildungsberufe der Jugendlichen wird auch weiterhin von kaufmännischen Berufen wie dem Kaufmann / der Kauffrau für Büromanagement oder dem Industriekaufmann / der Industriekauffrau angeführt. Auf Platz drei der beliebtesten Ausbildungsberufe im Agenturbezirk rangiert der KFZ-Mechatroniker für PKW-Technik. Bei den gemeldeten Ausbildungsstellen dominiert, neben dem bewerberseits stark gefragten Berufswunsch zur Industriekauffrau und -kaufmann auf Platz 1, der Bereich Handel auf Platz 2 und 3. Mit auf den vordersten Rängen gesucht werden von den Unternehmen Verkäuferinnen und Verkäufer und Einzelhandelskaufleute. Die hohe Nachfrage nach Auszubildenden kann von den zur Verfügung stehenden Bewerberinnen und Bewerbern auf diese Berufe jedoch nicht ausreichend gedeckt werden.

Ein vertiefter Blick in die Regionen verrät dabei, dass im Kreis Siegen-Wittgenstein Bewerberinnen und Bewerber vor allem eine Ausbildung zum Kaufmann / zur Kauffrau für Büromanagement, zur Industriekauffrau / -kaufmann oder zur Kraftfahrzeugmechatroniker/in in der PKW Technik anstreben. Nachgefragt werden dagegen Bewerberinnen und Bewerber mit dem Zielberuf Verkäuferinnen / Verkäufer, Einzelhandelskauffrauen und -männer sowie Industriekaufleute. 
Die Top 3 der Ausbildungsberufe im Kreis Olpe sind Kaufmann / Kauffrau für Büromanagement, Industriekauffrau / Industriekaufmann und Fachinformatiker/in in der Anwendungsentwicklung. Gesucht werden auf der Marktseite neben Industriekaufleuten (Platz 2) aber insbesondere im gewerblich-technischen Bereich Zerspaner/innen und Industriemechaniker/innen. Auch die Bereiche Lager und Logistik und der Einzelhandel hat im Kreis Olpe einen großen Bedarf an Nachwuchskräften.
Wieder in die Top 10 der Ausbildungsberufe hat es eine Branche geschafft: Die Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik. Aufgrund der zunehmenden Ausrichtung der Jugendlichen an Berufen mit sogenannten „Green Skills“ erleben diese Berufe ein Comeback im neuen Gewand. Das Berufsbild beinhaltet deutlich mehr innovative und digitale Komponenten und erfährt erfreulicherweise mehr Zulauf als in der jüngeren Vergangenheit. In Olpe lässt sich zudem ein verstärktes Ausbildungsinteresse bei dem Bereich Softwareentwicklung und Programmierung feststellen. Beide Entwicklungen unterstützen den fortschreitenden transformativen Wandel am Arbeitsmarkt.  

Stephanie Krömer resümiert die Entwicklungen im abgelaufenen Ausbildungsmarkt so: „Es geht in die richtige Richtung, darüber freuen wir uns. Aber eine realistische Betrachtung der Zahlen verdeutlicht, dass der Schwung aus diesem Jahr mit ins nächste Jahr genommen werden muss. Auszubildende von heute sind die Fachkräfte von morgen. Und die brauchen wir. Wer nicht in Ausbildung investiert und sich die Chancen nimmt, am Anfang der Erwerbsbiografie an gute Köpfe zu kommen und diese früh ans eigene Unternehmen zu binden, wird später das Nachsehen haben. Der demografische Wandel schreitet in unserem Agenturbezirk unaufhaltsam voran. Bis 2030 gehen in beiden Kreisen 22.100 lebens- und berufserfahrene Personen in Rente und die fehlen uns (Datenquellen: IT.NRW – Bevölkerungsvorausberechnung, Berechnung durch die Arbeitsmarktbeobachtung NRW). Daneben werden auch durch die Rückkehr von G8 auf G9 im Schulentlassjahr 2026 landesweit 40.000 weniger Schulabgängerinnen und Schulabgänger erwartet – für unserer Region rechnen wir mit einem Rückgang um schätzungsweise 20-30 Prozent an Schülerinnen und Schülern, die dann auf dem Ausbildungsmarkt fehlen. Betriebe die es jetzt schon schwerer haben ihre Lehrstellen auskömmlich zu besetzen sollten diesen Effekt im Blick haben und bereits in den kommenden zwei Jahren vorauschauend und wenn möglich über Bedarf ausbilden.“
Mit Blick auf die gestiegenen und weiter steigenden Anforderungen an die Beschäftigten aufgrund der Komplexität der Arbeitswelt stärkt man mit jungen, motivierten, technikvertrauen Menschen nachhaltig das eigene betriebliche Rückgrat. Die Agentur für Arbeit Siegen berät, unterstützt und begleitet beide Seiten, Betriebe wie Ausbildungssuchende, bei ihrem vielfältigen Informationsbedarf und den Herausforderungen vor denen sie stehen und bringt beide Seiten zusammen. Stephanie Krömer fasst den Auftrag, den die Agentur für Arbeit Siegen dabei erfüllt, so zusammen: „Ob bei der Suche nach dem geeigneten Ausbildungsplatz, der Erstellung von Bewerbungen, der Vorbereitung auf das erste Vorstellungsgespräch oder dem Erhalt von notwendigem Stützunterricht für einen erfolgreichen Ausbildungsverlauf – unsere Berufsberatung ist ein verlässlicher Anker von Anfang bis Ende. Ganz bewusst setzt unser Beratungsangebot schon sehr früh, ab Klasse 8, an. Neben Schulveranstaltungen und Messen gehen wir aktiv auf die Jugendlichen zu, wo sie sich begegnen - in Jugendtreffs, auf Marktplätzen, in Einkaufszentren. Mit unseren aufsuchenden Aktivitäten verpflichten wir uns, im abgestimmten Zusammenwirken mit zahlreichen anderen Partnerinnen und Partnern auf dem regionalen Ausbildungsmarkt, die Jugendlichen auf die Vorzüge der Ausbildung aufmerksam zu machen. Wir wollen kein Potential ungenutzt lassen. Wir können es auch gar nicht.“