Fachkräftemangel im Handwerk: Fachtag in Weiden setzt auf internationale Lösungen

Agentur für Arbeit Weiden präsentiert gemeinsam mit Partnern neue Wege zur Fachkräfte- und Azubigewinnung aus Kolumbien

30.07.2025 | Presseinfo Nr. 20

Der Handwerksbranche geht das Personal aus – und das nicht erst seit gestern. Doch am 24. Juli hat die Agentur für Arbeit Weiden gemeinsam mit der Zentralen Auslands- und Fachvermittlung (ZAV) der Bundesagentur für Arbeit, der Handwerkskammer Niederbayern-Oberpfalz und weiteren Projektpartnern gezeigt: Eine Lösung könnte tausende Kilometer entfernt liegen – genauer gesagt in Kolumbien. Beim Fachtag „Fachkräfte und Azubis aus Kolumbien“ erhielten Handwerksbetriebe aus der Region konkrete Einblicke, wie sie über internationale Kooperationen erfolgreich Nachwuchs und Fachkräfte gewinnen können.

 

Fachkräftemangel spitzt sich zu: Bewerberzahl reicht nicht mehr aus

 

Zum Auftakt der Veranstaltung skizzierte Bernhard Lang, Vorsitzender der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Weiden, die aktuelle Arbeitsmarktsituation in der Nordoberpfalz. „Wir haben in der Region aktuell mehr Ausbildungsstellen als Bewerber – auf einen Jugendlichen kommen im Schnitt über zwei Betriebe. Das ist gut für junge Menschen, aber eine echte Herausforderung für unsere Wirtschaft“, so Lang. Besonders betroffen sei das Handwerk, wo fast jede zweite Stelle unbesetzt bleibe. Auch die Zahl ausländischer sozialversicherungspflichtiger Beschäftigter stagniere – mit Ausnahme von Drittstaaten, deren Anteil mit aktuell 35,1 % weiter wachse.

 

Internationale Fachkräfte für das Handwerk: Ein Projekt der Handwerkskammer

 

Ein zentrales Projekt, das sich speziell an Handwerksbetriebe mit Bedarf an gelernten Fachkräften richtet, ist „Future International Talents for German Climate Businesses“. Jakob Schreiner, Projektbegleiter bei der Handwerkskammer Niederbayern-Oberpfalz, stellte das Kooperationsprojekt mit Partnerländern wie Kolumbien und Usbekistan vor.

 

Im Fokus stehen die sogenannten Klimahandwerke – etwa Berufe wie Mauerer, Metallbauer (Konstruktionstechnik) oder Elektroniker für Energie- und Gebäudetechnik. Ziel ist es, in insgesamt fünf Rekrutierungszyklen bis Ende 2027 qualifizierte Fachkräfte zu gewinnen, die über die berufliche Anerkennung oder Berufserfahrenenregelung nach Deutschland einwandern.

 

„Wir sprechen hier nicht über Ausbildungsplätze, sondern über gezielte, faire Rekrutierung von bereits ausgebildeten Fachkräften, die mit ihrem Know-how zur Energiewende in Deutschland beitragen können“, erklärte Schreiner. Dabei steht die enge Zusammenarbeit mit der Bundesagentur für Arbeit, den Partnerinstitutionen vor Ort und den Betrieben in der Region im Vordergrund. Die Fachkräfte erhalten intensive sprachliche Vorbereitung und Unterstützung bei der Anerkennung ihrer Abschlüsse, um möglichst nahtlos in den Arbeitsalltag einsteigen zu können.

 

Erfolgsmodell El Salvador – jetzt mit Kolumbien

 

Ein zentraler Programmpunkt war die Vorstellung des Ausbildungsprojekts der Zentralen Auslands- und Fachvermittlung (ZAV), das auf den erfolgreichen Erfahrungen mit El Salvador basiert und nun speziell für das Handwerk auf Kolumbien ausgeweitet werden soll. Paul Detto von der ZAV erläuterte, wie bereits seit 2019 junge Menschen aus El Salvador erfolgreich in Ausbildungsbetriebe vermittelt wurden – mit einer Bestehensquote von 100 % und einer Rückkehrquote von unter 7 %.

 

Das Projekt zielt darauf ab, geeignete Schulabsolventinnen und -absolventen aus Drittstaaten für eine duale Berufsausbildung in Deutschland zu gewinnen – insbesondere in Berufen mit Zukunftsperspektive, etwa in der Pflege, im gewerblich-technischen Bereich oder im Handwerk. Arbeitgeber erhalten dabei eine umfassende und kostenfreie Begleitung – von der Bewerbervorauswahl über das Visumsverfahren bis hin zur sprachlichen Vorbereitung im Heimatland und Integration der Jugendlichen im Betrieb.

 

„Wir bieten eine klare Struktur, verlässliche Ansprechpartner und langjährige Erfahrung in der Zusammenarbeit mit Unternehmen und Partnerstaaten“, so Detto.

 

Unterstützung für Betriebe: Begleitung, Beratung und finanzielle Förderung

 

Stephan Bösl, Qualifizierungsberater und Vermittler im Arbeitgeber-Service der Agentur für Arbeit Weiden, stellte die konkreten Unterstützungsleistungen für interessierte Betriebe vor. Arbeitgeber erhalten eine individuelle Erstberatung zu den Projektkonditionen sowie feste Ansprechpersonen, die den gesamten Prozess begleiten – sowohl vor als auch nach der Einreise der Auszubildenden.

 

Darüber hinaus unterstützt die Agentur bei der Vernetzung regionaler Betriebe durch sogenannte Runde Tische, bei der Abstimmung von Integrationsbegleitung und bei der Entwicklung betriebsindividueller Lösungen zur sozialen Eingliederung. Auch bei Fördermöglichkeiten werden Unternehmen aktiv beraten und bei der Organisation von weiterführenden kostenlosen Sprachkursen und fachlichem Stützunterricht (AsA-flex) unterstützt.

 

Bösl wies in dem Zusammenhang darauf hin, dass natürlich Kosten – wie etwa für Visumsverfahren, Reisekosten oder Sprachförderung im Heimatland – auf die Arbeitgeber zukommen. „Doch über gezielte Förderprogramme können bis zu zwei Drittel dieser Investitionen refinanziert werden. Deshalb lohnt sich die Teilnahme auch für kleinere Betriebe“, betonte Bösl.

 

Aus der Praxis: Erfahrungen aus der Region

 

Wie solche Projekte erfolgreich umgesetzt werden können, zeigten zwei Betriebe aus der Region. Siegfried Janner von der Janner Waagen GmbH und Anton Grauvogl von der Firma HORSCH Maschinenbau GmbH berichteten von ihrer bisherigen Zusammenarbeit mit Jugendlichen aus El Salvador – und zogen ein durchweg positives Fazit.

 

Beide lobten die professionelle Begleitung durch die ZAV und die Agentur für Arbeit Weiden. „Man wird zu keinem Zeitpunkt allein gelassen – das ist entscheidend für den Erfolg“, sagte Grauvogl. Gleichzeitig betonten sie die besonderen Aufgaben, die mit der Integration verbunden sind: So sei es oft notwendig, junge Menschen nach Feierabend in die Gemeinschaft einzubinden, bei Behördengängen zu unterstützen oder Freizeitangebote zu schaffen. Auch bei der Wohnungssuche seien Betriebe gefordert, da ausländische Jugendliche teilweise auf Vorbehalte stoßen. Auch die schlechte regionale ÖPNV-Anbindung und das Heimweh sind nicht zu unterschätzende Herausforderungen, denen sich interessierte Arbeitgeber stellen müssen.

 

„Es braucht Geduld, Offenheit – und manchmal auch kreative Lösungen. Aber es lohnt sich, wenn man sieht, wie gut die jungen Leute sich entwickeln“, so Janner.

 

Fachkräftezentrum Nordoberpfalz – Integration als Gemeinschaftsaufgabe

 

Ein zentraler Baustein für die langfristige Integration ist das neu geschaffene Fachkräftezentrum Nordoberpfalz. Dessen Leiter, David Runschke, stellte die Einrichtung vor, die als gemeinsame Initiative der Agentur für Arbeit, des Landkreiseses Tirschenreuths, des Landkreises Neustadt an der Waldnaab sowie der Stadt Weiden entstanden ist.

 

Das Zentrum versteht sich als ergänzendes soziales Netzwerk für internationale Fachkräfte und Auszubildende. Es bietet eine zentrale Anlaufstelle für Sprachförderung, Freizeitgestaltung, Gruppenevents und Hilfestellungen im Alltag – etwa bei der Anmeldung, Mobilität oder der Vereinsintegration. Besonders hilfreich sei eine Einführungswoche, bei der neue Teilnehmende von bereits integrierten Jugendlichen profitieren können.

 

„Unser Ziel ist es, die neuen Kolleginnen und Kollegen nicht nur in den Arbeitsmarkt zu integrieren, sondern ihnen ein echtes Ankommen in unserer Region zu ermöglichen“, so Runschke.

 

Fazit: Internationale Rekrutierung – ein Baustein von vielen

 

Der Fachtag in Weiden machte deutlich, dass der Fachkräfte- und Arbeitskräftemangel nicht allein durch innerdeutsche Maßnahmen gelöst werden kann. Internationale Rekrutierung ist ein möglicher Baustein in einem umfassenden Maßnahmenpaket, das faire Einwanderung, gezielte Förderung, soziale Integration und regionale Zusammenarbeit miteinander verbindet.

 

Die vorgestellten Projekte zeigen, dass mit guter Vorbereitung, professioneller Begleitung und dem Engagement aller Beteiligten echte Zukunftsperspektiven für Unternehmen und junge Menschen entstehen können – auch über Landesgrenzen hinweg.

 

Interessierte Betriebe können sich für weitere Informationen und Beratung an den Arbeitgeber-Service der Agentur für Arbeit Weiden unter weiden.arbeitgeberservice@arbeitsagentur.de wenden.

 

 

Bildanhang:

 

 

Bildnachweis: ©Agentur für Arbeit Weiden

Bildunterschrift: Referenten und Projektpartner des Fachtags „Fachkräfte und Azubis aus Kolumbien“ (von links):

Bernhard Lang (Agentur für Arbeit Weiden), Anton Grauvogl (Firma HORSCH), Stephan Bösl (Agentur für Arbeit Weiden), Maria Elena Fehl-Mondragon (Firma HORSCH), David Runschke (Fachkräftezentrum Nordoberpfalz), Siegfried Janner (Janner Waagen GmbH), Jakob Schreiner (Handwerkskammer Niederbayern-Oberpfalz).