§ 10: Zumutbarkeit

Der erwerbsfähige Hilfebedürftige erhält Einkommen aus Gelegenheitsarbeiten (Aushilfe). Das Einkommen fließt ihm in unregelmäßigen Abständen zu. Um den aktuellen Bedarf zu überprüfen, erhält er vom Jobcenter jeden Monat eine Einladung zu einem Meldetermin. Zu diesem Termin soll er  die aktuelle Einkommensbescheinigung mitbringen.  Der erwerbsfähige Hilfebedürftige hält das persönliche Erscheinen für nicht gerechtfertigt. Nach seiner Auffassung sei die Übersendung der Einkommensbescheinigung per Post ausreichend.  Kann das Jobcenter verlangen, dass er monatlich persönlich seine Nachweise vorlegt?

Siehe Eintrag "Persönliches Erscheinen - Verhältnismäßigkeit, Zumutbarkeit" zu § 59 (identisch).

Stand: 09.03.2017

WDB-Beitrag Nr.: 912024

Wie ist mit Personen, die ein Online-Studium an einer ausländischen Hochschule aufnehmen wollen, aus vermittlerischer Sicht umzugehen?

Die Leistungsgrundsätze des SGB II schließen die Aufnahme eines Online-Studienganges an einer Hochschule außerhalb des Bundesgebiets nicht grundsätzlich aus (§ 3 Abs. 1 Satz 3 SGB II).

Es bedarf in solchen Fallkonstellationen deshalb der Beratung und Entscheidung der Integrationsfachkraft (IFK) im Einzelfall. Ist der angestrebte Online-Studiengang perspektivisch geeignet, die Hilfebedürftigkeit in Deutschland zu verringern oder zu vermeiden? In die Einzelfallprüfung ist die Verwertbarkeit des angestrebten ausländischen Bildungsabschlusses einzubeziehen. Hier sollte die Aussicht auf die Anerkennung des ausländischen Bildungsabschlusses, die dadurch entstehenden Kosten und die Akzeptanz des ausländischen Bildungsabschlusses bei Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern eine Rolle spielen. Sofern die IFK zu dem Ergebnis kommt, dass der angestrebte Online-Studiengang geeignet ist, perspektivisch zur Verringerung der Hilfebedürftigkeit in Deutschland beizutragen, kann ein wichtiger Grund nach § 10 Abs. 1 Nr. 5 SGB II anerkannt werden. In diesem Fall ist es dem/ der ELB nicht uneingeschränkt zuzumuten, eine Arbeit oder Ausbildung aufzunehmen oder an einem Sprachkurs, einer Qualifizierung oder einer Maßnahme teilzunehmen.

Gleichwohl sollten Möglichkeiten der kurzfristigen Verringerung der Hilfebedürftigkeit (z.B. durch einen Minijob), die Teilnahme an Sprachkursen oder ggf. im Einzelfall erforderliche Maßnahmen thematisiert sowie die Rahmenbedingungen dafür vereinbart werden. Diese stehen in Abhängigkeit zum konkreten tatsächlichen Aufwand und der zeitlichen Verteilung für die Teilnahme an Online-Vorlesungen, Prüfungen sowie deren Vor- und Nachbereitung.

Sofern die IFK zu dem Ergebnis kommt, dass der angestrebte Online-Studiengang nicht geeignet ist, perspektivisch zur Verringerung der Hilfebedürftigkeit in Deutschland beizutragen, liegt kein wichtiger Grund im Sinne des § 10 Abs. 1 Nr. 5 SGB II vor. Der/ die ELB wird weiter in Vermittlungsbemühungen für Arbeit oder Ausbildung einbezogen und, soweit erforderlich, werden Angebote für Sprachkurse, Qualifizierungen oder Maßnahmen unterbreitet. Werden diese Angebote ohne wichtigen Grund nicht wahrgenommen, dann sind die Rechtsfolgen der §§ 31 ff SGB II zu prüfen.

Beispiele:

  1. Online-Studium Pflegemanagement bei einer anerkannten Hochschule mit Abschluss Bachelor, Master, Doktor oder bei einem Kolleg mit Diplom-Abschluss als „Junior Bachelor“: Studienabschluss und Hochschule in Deutschland anerkannt? Studienabschluss in Deutschland verwertbar? Entscheidung der IFK, mit Vermerk zu dokumentieren. (Ausbildungen/ Studium in Mangelberufen ist in Deutschland verwertbar.) Sprachkurs parallel möglich? Teilzeitjob nebenher möglich?

    (Ausländische Hochschulabschlüsse können in Deutschland in der Regel nur dann anerkannt werden, wenn sie an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Institution erworben wurden. Siehe unten, Hinweise.)

  2. Online-Studium Recht des Fluchtstaates bei einer anerkannten ausländischen Hochschule mit Abschluss Doktor: (Entscheidung der IFK wie oben: Hochschule anerkannt? Vergleichbarer Abschluss in D? Entscheidung ist mit Vermerk zu dokumentieren). Nicht verwertbar sind Hochschulabschlüsse, für die es in Deutschland keinen vergleichbaren Abschluss gibt, oder bei denen die Hochschule nicht anerkannt ist. Siehe unten, Hinweise).
     
  3. Online-Studium als „Qualifizierter Arbeiter“ oder „Junior Fachbachelor“ bei einem ausländischen Fachkolleg. Einrichtung ohne Hochschulrang, voruniversitäre Ausbildung. Im Inland nicht verwertbar, steht der Vermittelbarkeit in Arbeit oder Ausbildung nicht entgegen (Entscheidung der IFK, mit Vermerk zu dokumentieren).
     
  4. Online-Angebot eines Trägers aus Deutschland in ausländischer Sprache: keine anerkannte Hochschule, keine Ausbildung, eher Maßnahme (Entscheidung der IFK, mit Vermerk zu dokumentieren).

Hinweise:

Im bq-Portal werden länderspezifische Informationen zum jeweiligen Berufsbildungssystem gegeben. Des Weiteren sind dort aktuelle Länderberichte und Schaubilder zu finden.

Links:

https://www.bq-portal.de/db/Länder-und-Berufsprofile

Ebenfalls hilfreich sind die Informationen der Zentralstelle für ausländisches Bildungswesen (ZAB) der Kultusministerkonferenz (kmk). Diese stellt eine Datenbank zur Anerkennung von ausländischen Bildungsabschlüssen (anabin) bereit. In dieser Datenbank von anabin sind die anerkannten ausländischen Hochschulen entsprechend benannt. Rechercheanleitung.

Links:

https://anabin.kmk.org/no_cache/filter/institutionen.html

https://anabin.kmk.org/fileadmin/media/pdf/anabin_Rechercheanleitung_Hochschule.pdf

Stand: 12.09.2024

WDB-Beitrag Nr.: 100011

Nutzungshinweise Wissensdatenbank SGB II