Beton gießen, Live-Chat von der Baustelle, Förderung von Future Skills: Angela Papenburg ist Geschäftsführerin der GP Günter Papenburg AG in Halle (Saale) und Vorsitzende Wirtschaft im Netzwerk SCHULEWIRTSCHAFT. Im Interview mit Faktor A spricht sie über zeitgemäße Berufsorientierung und wie Unternehmen und Schulen dabei effektiver zusammenarbeiten können.
Frau Papenburg, als Unternehmerin und Vorsitzende Wirtschaft im Netzwerk SCHULEWIRTSCHAFT setzen Sie sich seit rund 15 Jahren für die Zusammenarbeit von Unternehmen und Schulen ein – warum ist das so wichtig?
Schüler:innen müssen früh den Bezug zur Praxis erhalten, damit sie Spaß am Lernen haben und den Nutzen erkennen. Das ist heute viel wichtiger als noch vor ein paar Jahren, denn mit der zunehmenden Digitalisierung sind analoge Prozesse im Arbeitsleben oft nicht mehr sichtbar. Als externer Partner von Schulen wollen wir vor allem die technische, ökonomische und digitale Bildung stärken, die für das spätere Berufsleben von enormer Bedeutung ist, aber in Schulen durch Lehrer- und Zeitmangel nicht ausreichend vermittelt wird.
Menschen müssen heute zunehmend unternehmerisch denken und ihr (Arbeits-)Umfeld managen. Als Führungskraft weiß man oft nicht mehr, was in den Alltag der Mitarbeitenden alles hineinspielt, welche Einflüsse sie von außen haben, wo sie ihre Informationen herbekommen. Selbstständiges, projektorientiertes Lernen mit wechselnden Rollen fördert die Future Skills, wird aber in vielen Schulen nicht intensiv verfolgt. Da findet noch viel Unterricht in festen Strukturen und mit wenig Bezug zur Berufspraxis statt.
Welche positiven Beispiele für Kooperationen kennen Sie, aus Ihrem eigenen, aber auch anderen Unternehmen des Netzwerks?
Es gibt viele tolle Beispiele! Das sehen wir immer wieder beim Wettbewerb „Das hat Potenzial!“, bei dem das Netzwerk SCHULEWIRTSCHAFT Unternehmen und Schulen für ihr herausragendes Engagement an der Schnittstelle Schule/Beruf sowie innovative Lehr- und Lernmedien zur ökonomischen Bildung prämiert. Das Netzwerk SCHULEWIRTSCHAFT in unserer Region organisiert nun zum 13. Mal die Lehrerweiterbildung „Praxis erleben – Bildung gestalten“, bei der die Lehrer:innen in Partner-Unternehmen und -Vereine gehen, um dort Einblicke in den Arbeitsalltag zu bekommen und dieses Wissen dann in ihren Unterricht zu integrieren.
Seit 2007 arbeitet die GP Günter Papenburg AG beispielsweise eng mit der Gemeinschaftsschule Heinrich Heine in Halle (Saale) zusammen. Alle neuen Lehrer:innen des Kollegiums besuchen unser Unternehmen und lernen uns kennen, damit sie ihren Schüler:innen von unseren Berufsorientierungsangeboten und von der Vielfalt der Berufe in der Bauwirtschaft berichten können. So starten in jedem Ausbildungsjahr zwei bis drei Schüler:innen bei uns eine kaufmännische oder gewerblich-technische Ausbildung. Die tolle Zusammenarbeit in vielen weiteren Feldern wirkt sich auf den Schulalltag aus und hat einen motivierenden Effekt auf die Schülerschaft, wie uns immer wieder berichtet wird.
Wo sehen Sie Verbesserungsbedarf?

Ausbildung und die entsprechende Berufsorientierung sind unglaublich wichtig. Auf klassische Berufsmessen zu setzen, um junge Menschen zu erreichen und nur die eigenen Ausbildungsberufe vorzustellen, ist schon längst nicht mehr zeitgemäß. Was wir brauchen, ist mehr Schnelligkeit, Individualität und Flexibilität in der Berufsorientierung. Wir müssen auf Wünsche und Bedarfe eingehen – digital, vor Ort in der Schule und im Betrieb. Neue Ideen ausprobieren, auf Anlässe spontan reagieren und für aktuelle Themen Angebote „schneidern“ – so stelle ich mir praxisnahe Unterstützung von Schule vor. Kommunikationsmöglichkeiten und Plattformen sind heute so vielfältig, aber wir beschränken uns meistens auf Praktikum, Betriebsbesichtigung oder den Schulbesuch im Klassenzimmer.