Wenn man Stefanie zum ersten Mal begegnet, spürt man sofort: Sie ist eine Frau, die sich den Herausforderungen des Lebens mutig stellt. Dass sie heute selbstbewusst und mit strahlendem Lächeln durch die Flure der Verdener Arbeitsagentur geht, ist das Ergebnis eines Weges voller Entschlossenheit, wertvoller Unterstützung – und einer großen Portion Hundeliebe. Denn egal, wohin Stefanie in der Agentur unterwegs ist, ihr treuer Begleiter TJ, ein ausgebildeter Assistenzhund, ist immer an ihrer Seite.
Stefanie ist gelernte Friseurin. Nach einer Familienphase wechselte sie in einen Laden für Friseurbedarf, wo die Arbeitszeiten besser zu ihrem Leben passten – bis das Schicksal eine unerwartete Wendung brachte und sie erkrankte. Plötzlich stand sie vor einer harten Bewährungsprobe. „Irgendwann merkte ich, dass ich immer mehr Hilfe von meinen Kolleginnen brauchte. Und genau das hat mich belastet“, erzählt sie heute mit ruhiger Stimme. Eine Lösung musste her. Doch der erste Besuch bei der Rentenversicherung war ein weiterer Rückschlag. Statt einer beruflichen Perspektive wurde ihr eine Erwerbsminderungsrente nahegelegt. „Das wollte ich nicht. Ich habe immer gerne gearbeitet und wollte nicht mit Mitte vierzig in die Rente gehen“, betont sie entschlossen.
Doch Stefanie gab nicht auf. Während einer medizinischen Rehabilitation fand sie neuen Mut. Sie wurde als arbeitsfähig eingestuft und wagte einen weiteren Anlauf. Dieses Mal sollte es klappen: Man bot ihr eine Umschulung in den Bereichen Büromanagement, Rechnungswesen und Personal an. Zwei Jahre lang pendelte sie nach Bremen, um diese Chance zu nutzen. In der Bewerbungsphase traf sie schließlich auf eine engagierte Arbeitsvermittlerin, die ihr passende Stellen vorschlug. Doch nicht jedes Vorstellungsgespräch verlief wie erhofft. Immer wieder gab es Absagen – oft mit dem Hinweis, man habe Bedenken, sie langfristig einzustellen. „Viele Arbeitgeber dachten damals, eine schwerbehinderte Mitarbeiterin könne man nicht mehr kündigen“, erinnert sie sich. Zum Glück wissen Personalverantwortliche heute besser Bescheid.
Doch dann kam die entscheidende Wende: Ihre Vermittlerin fragte, ob sie sich auch eine Tätigkeit im „Amt“ vorstellen könne – genauer gesagt, im Servicecenter der Arbeitsagentur. Stefanie zögerte nicht lange und bewarb sich in Verden. Und ab diesem Moment nahm ihr Leben eine positive Wendung. Sie bekam die Zusage und begann, im Callcenter der Agentur zu arbeiten. Schnell fand sie sich in ihrem neuen Aufgabengebiet zurecht und fühlte sich von Anfang an wohl: „Ich habe so viele nette Kolleginnen und Kollegen kennengelernt. Niemand hat mich auf meine Beeinträchtigung reduziert – im Gegenteil. Alle waren von Anfang an hilfsbereit, aber nie aufdringlich. Genau das hatte ich mir gewünscht.“
Steffis Glück war mit der Zusage für einen neuen Job noch lange nicht ausgeschöpft. Im Jahr 2020 lernte sie auf einer Messe den Verein Apporte.e.V. kennen, der Assistenzhunde für Menschen im Rollstuhl vermittelt und finanziert. Diese Hunde werden speziell ausgebildet, um in verschiedenen Alltagssituationen zu helfen. Steffi wusste sofort, dass sie genau solch einen treuen Begleiter brauchte. Nach einem Beratungsgespräch bei Apporte erhielt sie bereits fünf Minuten später die freudige Zusage – während sie im Auto auf der Rückreise war.
Die Hunde werden in Österreich ausgebildet und vermittelt, wobei ein Kennenlernen mit der Trainerin und deren Zustimmung erforderlich ist. Für Steffi wurde ein passender Hund gefunden, und sie durchlief ein Training. Parallel dazu stellte sie einen Antrag, um ihren Assistenzhund auch am Arbeitsplatz begleiten zu dürfen. Das Verfahren dauerte etwas, da verschiedene Vorschriften und Gutachten berücksichtigt werden mussten. Letztendlich bekam Steffi im Januar 2023 TJ, einen Labrador Retriever mit hellem, flauschigem Fell und einem treuen Hundeblick.
Seit knapp drei Jahren unterstützt TJ Steffi im Alltag: Er hilft beim Anziehen, schaltet die Beleuchtung an, hebt Gegenstände auf und bringt sie ihr – sogar Socken landen dank TJ in der Waschmaschine! Auch in der Arbeitsagentur ist TJ eine große Hilfe. Er öffnet Türen, begleitet Steffi durchs Haus und bringt ihr Dinge, die sie sonst nur schwer erreichen könnte. Ihr Büro erkennt man an einer dicken Kordel an der Türklinke, die TJ nutzt, um die Tür zu öffnen. „TJ ist wirklich eine Unterstützung im Arbeitsalltag. Und wenn ich am Schreibtisch bin und arbeite, liegt er ganz entspannt neben mir“, erzählt Steffi lächelnd.
Die Kolleginnen und Kollegen reagieren positiv auf TJ. Viele müssen sich auf dem Flur zurückhalten, um ihn nicht anzusprechen oder zu streicheln. Eine Sache stört den ein paar Kolleginnen und Kollegen im Nachbarbüro dann doch: Wenn alle arbeiten müssen und TJ eben nicht, dann hört man aus Steffis Büro ein leises Schnarchen. Aber auch ein Assistenzhund braucht mal eine Pause.
Steffi zeigt, wie gut Arbeit und ein Assistenzhund zusammenpassen können. Sie ist ein lebendiges Beispiel dafür, dass eine Beeinträchtigung kein Hindernis für ein selbstbestimmtes und erfolgreiches Leben sein muss. Und TJ beweist, wie viel Wärme und Menschlichkeit ein Hund in einen Arbeitsalltag bringen kann – selbst, wenn er einfach nur schläft.
Die Geschichte von Stefanie und TJ zeigt, wie Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben Menschen mit Beeinträchtigungen dabei unterstützen können, auch weiterhin im Arbeitsleben zu bestehen. Die Angebote sind sehr vielfältig und werden nach einer Beratung individuell auf die Bedürfnisse der Menschen und ihre Beeinträchtigungen angepasst. Wenn Sie gesundheitliche Beeinträchtigungen haben und deshalb Unterstützung bei der beruflichen Teilhabe benötigen, melden Sie sich gerne über die Homepage der Arbeitsagentur unter www.arbeitsagentur.de/vor-ort/nienburg-verden/gesundheitliche-einschraenkungen und vereinbaren Sie einen Beratungstermin