„Der Arbeitsmarkt bot im Dezember ein Spiegelbild des Jahres 2024“, sagte Roland Schüßler, Vorsitzender der Geschäftsführung der Regionaldirektion NRW der Bundesagentur für Arbeit. „Die Wirtschaftsschwäche belastet sichtbar den Arbeitsmarkt. Nach drei Monaten, in denen es in Nordrhein-Westfalen einen zwar saisontypischen, jedoch eher verhaltenen Rückgang der Arbeitslosigkeit gegeben hat, stieg die Zahl arbeitslos gemeldeter Menschen im Dezember wieder. Der Anstieg fiel leicht aus, die Arbeitslosenquote blieb auf dem Niveau des Vormonats. Doch in Jahren mit einer besseren konjunkturellen Ausgangssituation setzt der für die Wintermonate übliche Anstieg der Arbeitslosigkeit erst im Januar ein. Das war in diesem wie auch schon im vergangenen Jahr anders.“
„Vor allem zwei Faktoren beeinflussen die Entwicklung der Arbeitslosenzahl“, sagte Schüßler weiter. „Zum einen sind 2024 nur rund 288.000 Stellen bei den Arbeitsagenturen neu gemeldet worden. Seit über 20 Jahren wurden nicht so wenige Stellen gemeldet. 2023 waren es noch 309.000, im Corona-Jahr 2020 sogar 327.000 Stellen. Das hat unmittelbare Auswirkungen auf die Dynamik am Arbeitsmarkt und damit auf die Zahl der Arbeitslosen in NRW. Wer arbeitslos wird, hat es sichtbar schwerer, eine neue Stelle zu finden. Das zieht sich schon durch das ganze Jahr. Auch im Dezember konnten nur rund 33.000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer eine neue Arbeit aufnehmen. Damit waren rund 2.500 Menschen weniger bei der Arbeitssuche erfolgreich als zum Beispiel im Dezember 2021, im bislang letzten wirtschaftlich sehr dynamischen letzten Monat des Jahres mit einem signifikanten Rückgang der Arbeitslosigkeit.“
Zugleich beobachten die Agenturen für Arbeit derzeit, dass die Zahl der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die sich arbeitslos melden müssen, leicht zunimmt. „Auch hier lohnt sich der weiter zurückreichende Vergleich mit dem Dezember 2021. Im Verlauf des zurückliegenden Jahres war immer deutlicher zu beobachten, dass Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber nicht nur auf Neueinstellungen verzichten, sondern mittlerweile aufgrund der konjunkturellen Entwicklungen auch Mitarbeitende entlassen werden. Im Dezember meldeten sich knapp über 45.000 Menschen bei den Agenturen für Arbeit aus einer Erwerbstätigkeit arbeitslos. Das waren fast 6.000 Personen mehr als im gleichen Monat 2021, also vor dem Überfall Russlands auf die Ukraine.“
Auf den ersten Blick positiv ist dagegen der Blick auf die Entwicklung der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung, sagte Schüßler: „Sie kletterte im September zum ersten Mal über die Marke von 7,4 Millionen und konnte auch im Oktober, unserem aktuellen Datenstand, noch einmal zulegen.“ Damit waren in NRW rund eine Million mehr Menschen in Arbeit, als noch vor zehn Jahren. Das Wachstum bei der Beschäftigung beruht vorwiegend auf Berufen in der Pflege und im Gesundheitswesen, hier lag das Plus bei 30.500 Beschäftigten, sowie Berufen in der Erziehung mit einem Plus von 9.700 Beschäftigten. Im verarbeitenden Gewerbe wurden hingegen im zurückliegenden Jahr Stellen abgebaut. Im Vergleich zum Vorjahr arbeiteten im Oktober laut Hochrechnung mit 1.306 Millionen Beschäftigten 21.600 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer oder 1,6 Prozent weniger in den NRW-Industriebetrieben.
„Damit sind vor allem Berufe gewachsen, in denen Frauen die Mehrzahl der Beschäftigten stellen, während in Branchen, in denen viele Männer arbeiten, die Beschäftigung zurückgegangen ist. Auch darin war der aktuelle Dezember ein Spiegelbild des vergangenen Jahres. Die Arbeitslosigkeit hat bei den Männern zugenommen, bei den Frauen gab es sogar einen geringfügigen Rückgang.“
Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung
752.317 Menschen waren im Dezember in NRW arbeitslos gemeldet. Das waren 4.772 Personen oder 0,6 Prozent mehr als im Vormonat. Im Vergleich zum Vorjahr stieg die Zahl der arbeitslos gemeldeten Menschen um 5,8 Prozent oder 41.153 Personen. Die Arbeitslosenquote blieb auf dem Niveau des Vormonats von 7,5 Prozent. Vor einem Jahr lag sie bei 7,2 Prozent.
Während die Arbeitslosigkeit bei Frauen sogar geringfügig um 112 Personen sank, stieg sie bei Männern deutlich um 1,2 Prozent oder 4.884 arbeitslos gemeldete Personen. Erste Auswirkungen zeigte zudem das Ende der zwei- und dreieinhalbjährigen Berufsausbildungen zum Ende des Jahres.
Im Dezember nahmen 32.857 Frauen und Männer eine neue Arbeit auf. Das waren 6.247 Personen oder 16,0 Prozent weniger als im November. Damit fiel der saisonal übliche Rückgang bei den Arbeitsaufnahmen in diesem Dezember deutlich stärker aus als beispielsweise im Jahr 2021, als er lediglich 5,8 Prozent oder 2.185 Personen betrug.
Arbeitslos aus einer Erwerbstätigkeit meldeten sich im vergangenen Monat 45.371 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Das waren 5.973 Personen mehr als im Vergleichsjahr 2021, dem Jahr vor dem Überfall Russlands auf die Ukraine.
Der Anstieg der Arbeitslosigkeit betrifft vor allem Kundinnen und Kunden der Agenturen für Arbeit. 223.888 Menschen bezogen im Dezember von einer der Arbeitsagenturen Arbeitslosengeld. Das waren 4.333 Personen oder 2,0 Prozent mehr als einen Monat zuvor und 21.322 Menschen oder 10,5 Prozent mehr als vor einem Jahr. Nur geringfügig stieg die Zahl der Arbeitslosen im Aufgabenbereich der Jobcenter, dem Bürgergeld. Hier waren 439 Personen oder 0,1 Prozent mehr arbeitslos gemeldet als im Vormonat. Mit insgesamt 528.429 Arbeitslosen waren das 3,9 Prozent oder 19.831 Personen weniger als vor einem Jahr.
Einen leichten Anstieg um 0,4 Prozent oder 3.445 Personen gab es in der Unterbeschäftigung. Landesweit galten 953.388 Menschen als unterbeschäftigt. Vor einem Jahr waren es 20.178 Personen oder 2,2 Prozent weniger. Die Unterbeschäftigung setzt sich zusammen aus der Zahl der Menschen, die arbeitslos gemeldet sind und denjenigen, die Arbeitslosengeld oder Bürgergeld erhalten, jedoch dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung stehen und deshalb nicht als arbeitslos gelten. Das kann zum Beispiel sein, wenn sie an einer abschlussorientierten Fördermaßnahme teilnehmen. Als unterbeschäftigt, aber nicht arbeitslos galten im Dezember 201.071 Personen.
Sozialversicherungspflichtige Beschäftigung bei über 7,4 Millionen
Die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten lag auch zum aktuellen Datenstand im Oktober über 7,4 Millionen. Diese Marke war einen Monat zuvor zum ersten Mal überschritten worden. Im Oktober waren 7.429.800 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Das waren 8.500 Menschen oder 0,1 Prozent mehr als vor einem Monat und 44.000 Personen oder 0,6 Prozent mehr als vor einem Jahr. Zum Vergleich: Vor zehn Jahren, im Oktober 2014, lag die Zahl der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit einem sozialversicherungspflichtigen Job noch rund eine Millionen Beschäftigte niedriger.
In den Industriebetrieben in NRW arbeiteten laut Hochrechnung im Oktober 1.306.900 Menschen. Im Vergleich zum Vorjahr waren das 21.600 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer oder 1,6 Prozent weniger. Dabei ging gegenüber dem Vorjahr die Zahl der Beschäftigten in der Metall-, Elektro-, und Stahlindustrie um 14.600 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter oder 1,8 Prozent auf 808.700 Personen zurück, in der Chemie- und Kunststoffbranche waren mit 264.000 Beschäftigten 8.000 Personen oder 2,6 Prozent weniger sozialversichert in Arbeit.
Die stärkste absolute Steigerung in der Beschäftigung gab es im Gesundheitswesen. Hier stieg die Zahl der Beschäftigten um 16.700 Personen oder 2,7 Prozent auf 634.200 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Ein Plus von 13.800 Arbeitnehmenden oder 2,2 Prozent auf 642.700 Beschäftigte gab es im Heim- und Sozialwesen. Im Bereich Erziehung und Unterricht legte die Beschäftigung um 9.700 Personen oder 3,2 Prozent auf nun 314.700 Beschäftigte in NRW zu.
Unternehmen suchen qualifizierte Arbeitskräfte
Im Dezember waren bei den Arbeitsagenturen 129.602 offene Stellen gemeldet. Die Zahl der gemeldeten offenen Stellen sank damit im Vergleich zum Vormonat um 3.241 oder 2,4 Prozent. Im Vergleich zum Vorjahr lag der Bestand um 6,7 Prozent oder 9.326 Stellen niedriger. Der Grund für diesen Rückgang liegt bei der sehr niedrigen Zahl neu gemeldeter offener Stellen. So wurden im Dezember nur 21.331 Stellen bei den Arbeitsagenturen gemeldet. Das waren im Vergleich zum Vormonat 639 oder 2,9 Prozent weniger; im Vergleich zum Vorjahr sank die Zahl der Neumeldungen um 3.417 Stellen oder 13,8 Prozent.
Die Zahl der Stellenmeldungen lag im ganzen Jahr 2024 deutlich niedriger als in den Vorjahren. Insgesamt wurden den Arbeitsagenturen 287.813 Stellen gemeldet. Im Vorjahr waren es noch 308.747, im Corona-Jahr 2020, dem bis dahin schlechtesten Jahr, waren es 327.342.
Ein weiteres Merkmal bleibt am Arbeitsmarkt das sogenannte „qualifikatorische Mismatch“. Damit bleibt der Arbeitsmarkt in NRW zweigeteilt – für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit einer abgeschlossenen Berufsausbildung stellt sich der Arbeitsmarkt nach wie vor deutlich besser dar, als für Frauen und Männer ohne Qualifikation. Während die Unternehmen vor allem qualifizierte Arbeitskräfte suchen, verfügt die Mehrzahl der arbeitslosen Bewerberinnen und Bewerber nicht über die gefragten Qualifikationen.
In den Agenturen für Arbeit und den Jobcentern waren im Dezember 75.606 offene Stellen für Fachkräfte mit einer Berufsausbildung gemeldet. Das waren 6,2 Prozent oder 4.962 Stellen weniger als vor einem Jahr. Die Stellen für Fachkräfte machen am Arbeitsmarkt den größten Anteil mit 58,3 Prozent des Angebots aus. Diesen standen 200.274 arbeitslose Fachkräfte gegenüber – 14.994 Personen oder 8,1 Prozent mehr als vor einem Jahr. Auf 100 offene Stellen für qualifizierte Fachkräfte mit einer abgeschlossenen dualen Berufsausbildung kamen damit rein statistisch 264 Bewerberinnen und Bewerber. Dabei fließt in die statistische Betrachtung zum Beispiel nicht ein, ob Angebot und Nachfrage auch räumlich und inhaltlich zueinander passen.
Anders sieht es hingegen am Arbeitsmarkt für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ohne eine (aktuelle) Ausbildung aus. Im Dezember waren mit 28.431 Stellen oder 21,9 Prozent aller angebotenen Stellen nur wenig mehr als ein Fünftel der Arbeitsangebote auf Helfertätigkeiten ausgerichtet, also an Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ohne aktuelle Qualifikation. Die Zahl der Stellen sank im Vergleich zum Vorjahr um 6,7 Prozent oder 2.037. Gleichzeitig stieg die Zahl der arbeitslosen an- und ungelernten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Vorjahresvergleich um 23.942 Personen oder 5,9 Prozent auf 426.830 Arbeitslose, die eine Tätigkeit auf Helferniveau suchen. Mit 56,7 Prozent waren dies mehr als die Hälfte aller Arbeitslosen. Auf 100 offene Stellen für Helferinnen und Helfer kamen 1.501 Bewerberinnen und Bewerber ohne Ausbildung.
Der Arbeitsmarkt in den NRW-Regionen im Dezember
Den anteilig geringsten Zuwachs bei der Arbeitslosigkeit gab es im Dezember im Ruhrgebiet. Hier stieg innerhalb eines Monats die Zahl der Arbeitslosen um 0,4 Prozent oder 971 Personen auf nun 253.034 arbeitslos gemeldete Menschen. Damit waren 9.641 Personen oder 4,0 Prozent mehr arbeitslos gemeldet als vor einem Jahr. Die Quote lag im abgelaufenen Monat bei 10,1 Prozent – so hoch wie einen Monat zuvor und 0,3 Punkte über dem Stand von vor zwölf Monaten.
Auch im Rheinland stieg die Arbeitslosigkeit im Monatsvergleich um 0,4 Prozent. Hier waren mit 260.135 Arbeitslosen 1.118 Personen mehr arbeitslos gemeldet als einen Monat zuvor. Vor einem Jahr lag die Arbeitslosigkeit um 15.435 Personen oder 6,3 Prozent niedriger. Die Quote blieb auf 7,3 Prozent. Vor zwölf Monaten betrug sie 6,9 Prozent.
Im Bergischen Land waren im Dezember 658 Menschen oder 0,9 Prozent mehr arbeitslos gemeldet als einen Monat zuvor. Mit 72.214 Arbeitslosen waren 4.510 Personen oder 6,7 Prozent mehr arbeitslos als vor einem Jahr. Die Arbeitslosenquote hielt das Niveau von 7,2 Prozent. Vor einem Jahr lag sie bei 6,9 Prozent.
In Ostwestfalen-Lippe stieg die Zahl der Arbeitslosen im Vergleich zum Vormonat um 1,0 Prozent oder 728 Personen auf 70.600 arbeitslos gemeldete Menschen. Das waren 4.053 Personen oder 6,1 Prozent mehr als vor einem Jahr. Die Arbeitslosenquote stieg im Vergleich zum Vormonat um 0,1 Punkte auf 6,1 Prozent. Vor einem Jahr lag die Quote 0,3 Punkte niedriger.
Im Münsterland stieg die Zahl der arbeitslos gemeldeten Männer und Frauen im Dezember um 1,4 Prozent oder 648 Personen auf 47.792 arbeitslos gemeldete Menschen. Vor einem Jahr waren hier 8,0 Prozent oder 3.554 Menschen weniger arbeitslos gemeldet. Die Arbeitslosenquote lag 0,1 Punkte über dem Vormonat bei 5,0 Prozent. Sie lag damit um 0,3 Punkte höher als im Vorjahr.
In Südwestfalen stieg die Zahl arbeitslos gemeldeter Menschen um 1,4 Prozent oder 649 Personen auf 48.272 Arbeitslose. Vor einem Jahr waren 3.960 Personen oder 8,9 Prozent weniger arbeitslos gemeldet. Die Arbeitslosenquote lag wie vor einem Monat bei 6,1 Prozent, 0,4 Punkte über dem Vorjahr.
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