§ 12: Zu berücksichtigendes Vermögen

Wie ist das Guthaben eines abgetretenen Bausparvertrages vermögensrechtlich nach § 12 SGB II zu beurteilen?

Nicht verwertbar sind Vermögensgegenstände, über die der Inhaber nicht frei verfügen darf.

Bei einer Abtretung eines Bausparvertrages werden z. B. zur Sicherung eines Darlehens sämtliche Rechte und Ansprüche aus diesem Vertrag einschließlich eventueller Wohnungsbauprämien auf das Kreditinstitut übertragen. Somit kann der Inhaber des Bausparvertrages den Vertrag weder kündigen noch anderweitig beleihen. Ein abgetretener Bausparvertrag ist demnach nicht verwertbar im Sinne des § 12 SGB II.

Stand: 09.02.2017

WDB-Beitrag Nr.: 120033

Eine alleinstehende Person beantragt am 01.01. zum 01.01. Leistungen nach dem SGB II. Der monatliche Anspruch der Person beträgt 600,00 EUR (Regelbedarf und Bedarfe für Unterkunft und Heizung). Nach Prüfung des Antrages wird festgestellt, dass diese Person übersteigendes Vermögen in Höhe von 1.010,00 EUR hat. 1. Wie ist das übersteigende Vermögen zu berücksichtigen? 2. Ist die Gewährung der 30,00-EUR-Pauschale bei der Berücksichtigung von übersteigendem Vermögen vorgesehen?

Siehe Eintrag "Anspruchsbeginn bei Berücksichtigung von Vermögen" zu § 9 (identisch).

Stand: 04.12.2020

WDB-Beitrag Nr.: 120060

Sind die Genossenschaftsanteile am Wohneigentum als Vermögen zu berücksichtigen bzw. ist dieses Vermögen verwertbar? Können diese Genossenschaftsanteile hilfsweise beliehen werden?

Die auf Grund des jeweiligen Satzungsrechts eingebrachten Genossenschaftsanteile sind nicht verwertbar, wenn dies einen Auszug aus der Genossenschaftswohnung bedingen würde. Wird die Genossenschaftswohnung aufgegeben, ist die Einlage unter Berücksichtigung der satzungsrechtlichen Bestimmungen verwertbar. Verwertbar sind auch Anteile, welche über dem Mindesteinlagebetrag der Satzung liegen bzw. welche ohne Eingang eines Mietverhältnisses erworben wurden.

In der Regel ist eine Kündigung und damit eine Auszahlung der Anteile nur zum Ablauf des Geschäftsjahres möglich. Bis der Inhaber über diese verfügen kann, ist eine Darlehensgewährung nach § 24 Abs. 5 SGB II zu prüfen.

Stand: 03.02.1017

WDB-Beitrag Nr.: 120021

In welcher Form und bei wem sind Ausbildungs- und Aussteuerversicherungen zu berücksichtigen?

Bei der Ausbildungs- bzw. Aussteuerversicherung handelt es sich um eine Kapitallebensversicherung, deren Auszahlung auf einen festen Zeitpunkt vereinbart wird. Ziel der Versicherung ist somit das Ansparen von Geld. Hintergrund einer Ausbildungsversicherung ist die Absicherung der unterhaltspflichtigen Person(en) gegenüber den Kindern bis i. d. R. zum Abschluss der Erstausbildung. Eine Aussteuerversicherung dient der finanziellen Unterstützung des Kindes bei dessen Heirat. 

Der Beitragszahler ist auch zugleich versicherte Person, somit in der Regel ein Elternteil. Das Vermögen aus dieser Versicherung ist der versicherten Person und nicht dem Kind zuzurechnen.

Der aktuelle Rückkaufswert (Auszahlungsbetrag unter Berücksichtigung von Gebühren und Kosten) ist deshalb als Vermögen der versicherten Person(en) (s. o.) zu berücksichtigen, sofern die Verwertung nicht eine besondere Härte bedeuten würde.

Sofern die Versicherung nicht vor Fälligkeit durch Rückkauf verwertet wurde und die Auszahlung der Versicherungssumme während des laufenden Bezuges von Bürgergeld fällig wird, ist der ausgezahlte Betrag als Vermögen zu werten.

In Fällen, in denen das Geld an das Kind weitergeleitet wird, ist die Rückübertragung nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) zu prüfen.

Stand: 15.02.2023

WDB-Beitrag Nr.: 120026

§ 7 Abs. 1 der Bürgergeld-Verordnung schützt Vermögen zur Aufnahme einer Berufsausbildung. Fallen darunter auch die Ausbildungsversicherungen für die Kinder?

§ 7 Abs. 1 Bürgergeld-Verordnung stellt klar, dass Vermögensgegenstände, die für die Aufnahme oder Fortsetzung einer Berufsausbildung oder der Erwerbstätigkeit unentbehrlich sind, nicht als Vermögen zu berücksichtigen sind. Es soll vermieden werden, dass Vermögensgegenstände verwertet werden müssen, die später gegebenenfalls über Leistungen zur beruflichen Eingliederung wieder beschafft werden müssen. Beispiele für solche Gegenstände können sein:

  • Werkzeuge, Maschinen, Transportmittel
  • Kraftfahrzeuge (soweit nicht bereits als angemessenes Kfz ohnehin geschützt), z. B. einziger LKW eines Fuhrunternehmens
  • Schreib-, Diktier- und Zeichengeräte, Telefon, Hard- und Software
  • Friseurschere, Waage des Fleischers.

Eine für das Kind abgeschlossene Ausbildungsversicherung gehört nicht zu den Vermögensgegenständen, die zur Aufnahme einer Berufsausbildung unentbehrlich sind. Dem Ausbildungswilligen stehen im Falle der Bedürftigkeit staatliche Leistungen (Berufsausbildungsbeihilfe (BAB), Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG)) zur Verfügung, die die Aufnahme einer Berufsausbildung ermöglichen.

Hinweise:
vgl. zum Inhalt einer Ausbildungsversicherung Eintrag "Ausbildungs- und Aussteuerversicherungen" zu § 12

Stand: 20.01.2023

WDB-Beitrag Nr.: 120025

Wie ist eine Lebensversicherung zu bewerten, die durch den Tod der Ehegattin/des Ehegatten fällig geworden ist? Sie wurde zum Zeitpunkt der Antragstellung nicht berücksichtigt, da eine Verwertung unwirtschaftlich gewesen wäre. Die fällige Versicherungssumme überschreitet nun den Vermögensfreibetrag der Witwe. Ist die ausgezahlte Versicherungssumme Einkommen oder verwertbares Vermögen?

Siehe Eintrag "Lebensversicherung – Ausbezahlung (im Todesfall), Vermögen des Partners" zu § 11 (identisch)

Stand: 06.02.2017

WDB-Beitrag Nr.: 120041

Eine erwerbsfähige leistungsberechtigte Person ist selbstständig und verfügt über Betriebsvermögen, z. B. einen Fuhrpark. Kann dieses Vermögen zur Minderung der Hilfebedürftigkeit herangezogen werden oder ist es komplett geschützt? Gibt es eine unterschiedliche Behandlung von Personengesellschaften und Kapitalgesellschaften?

Das Betriebsvermögen ist geschützt, wenn es für die Fortsetzung der Erwerbstätigkeit und der damit verbundenen Einkommenserzielung unentbehrlich ist (§ 7 Abs.1 Bürgergeld-V). Hierbei ist eine Einzelfallprüfung erforderlich. Dabei ist die Gesellschaftsform des Betriebes unerheblich.

Stand: 20.01.2023

WDB-Beitrag Nr.: 120022

Erfolgt eine Anrechnung von Entschädigungsleistungen, wenn im Rahmen eines Bau- oder Ausbauprojektes eines Flughafens Entschädigungen für Schallschutzmaßnahmen oder Außenwohnbereichsentschädigungen gezahlt werden?

Siehe Eintrag "Entschädigungsleistungen nach Flughafenbau bzw. -ausbau" zu § 11a (identisch).

Ist es möglich, den Erlös aus einem Verkauf (nach Abzug der Verbindlichkeiten verbleiben z. B. 30.000,- €) einer selbst genutzten und angemessenen Immobilie in neues Wohneigentum zu investieren? Wenn ja, gibt es eine zeitliche Frist, innerhalb derer der Erlös reinvestiert werden muss?

Der Erlös aus dem Immobilienverkauf wird, sobald er verfügbar zugeflossen ist, als Vermögen behandelt. Dieses Vermögen kann dann in den allgemeinen Freibeträgen "untergebracht" werden (Umwandlung von geschütztem in ungeschütztes Vermögen), somit auch in einer Altersvorsorge. Werden die Freibeträge überschritten, besteht kein Anspruch auf Bürgergeld.
Vermögen, das aus geschütztem Vermögen stammt (Erlös aus Immobilienverkauf o. ä.) und nahtlos in neues geschütztes Vermögen investiert wird, bleibt durchgehend geschützt. Wird daher eine neue selbst bewohnte Immobilie erworben, ist diese als Vermögen geschützt, wenn sie von angemessener Größe ist.

Der Verkaufserlös ist stets als Vermögen zu betrachten, weil die Immobilie bereits vor der Entstehung des Anspruches auf Bürgergeld vorhanden war. Der Verkauf ändert an der Betrachtung als Vermögen grundsätzlich nichts, weil nur die Form des Vermögens eine andere ist.

Stand: 20.01.2023

WDB-Beitrag Nr.: 120037

Werden freiwillige Leistungen der katholischen Kirche in Anerkennung des Leids von Missbrauchsopfern als Vermögen bei der Berechnung der Leistungen nach dem SGB II berücksichtigt?

Der Antworteintrag ist mit WDB-Beitrag Nr.: 111062 identisch.

Stand: 20.01.2021

WDB-Beitrag Nr.: 120065

Stellen Genossenschaftsanteile (sog. nachrangige Einlagen) verwertbares Vermögen des Anlegers dar?

Genossenschaftsanteile (sog. nachrangige Einlagen) stellen grundsätzlich verwertbares Vermögen des Anlegers dar.

Ausgeschlossen ist die Verwertung nur, wenn diese offensichtlich unwirtschaftlich i. S. der Vorschriften ist.

Hinweise: Wegen Anteilen an einer Wohnungsgenossenschaft siehe Eintrag "Anteile an einer Wohngenossenschaft" zu § 12.

Stand: 06.02.2017

WDB-Beitrag Nr.: 120036

Sind Härteleistungen des Bundes für Opfer und Hinterbliebene extremistischer Übergriffe und terroristischer Gewalt - wie z.B. an die Opfer und Angehörigen der Anschläge in Hanau - bei der Feststellung der Hilfebedürftigkeit als Einkommen oder Vermögen zu berücksichtigen?

Finanzielle Hilfen des Bundes für Verletzte und Hinterbliebene von Opfern extremistischer Übergriffe und terroristischer Gewalt aus dem Bundeshaushalt sind nicht auf das Bürgergeld anzurechnen. Bei diesen Hilfen handelt es sich um zweckbestimmte Einnahmen, die nach § 11a Absatz 3 Satz 1 SGB II nicht als Einkommen zu berücksichtigen sind. Die Hilfen sollen Verletzte und Hinterbliebene von Opfern extremistischer Anschläge dabei unterstützen, die schrecklichen Folgen des Erlebten und den Verlust geliebter Menschen zu verarbeiten. Sie dienen somit nicht demselben Zweck wie Leistungen nach dem SGB II.

Aufgrund der besonderen Zweckbestimmung dieser Leistungen, die auch weiterhin nach dem eigentlichen Zufluss der Zahlungen greift, ist auch bei der Vermögensprüfung für diese finanziellen Hilfen in der Regel eine besondere Härte im Sinne des § 12 Absatz 1 Satz 2 Nr. 7 SGB II gegeben.

Die ggf. aus dem Vermögen erzielten Kapitaleinkünfte (z. B. Zinserträge) sind dagegen als Einkommen i. S. d. § 11 Absatz 1 Satz 1 SGB II zu berücksichtigen (in analoger Anwendung der FW zu §§ 11 – 11b SGB II, Rz. 11.82). Dabei sind nach § 1 Absatz 1 Bürgergeld-V die gesamten Einnahmen aus Kapitalvermögen bis zu einem Betrag von insgesamt 100,00 EUR anrechnungsfrei.

Hinweise:

Siehe auch WDB-Eintrag „Entschädigungszahlungen des Landes Thüringen an Opfer und Betroffene von Taten des NSU“ (WDB-Beitrag Nr.: 111118).

Stand: 20.01.2023

WDB-Beitrag Nr.: 120062

Eine leistungsberechtigte Person gibt im Antrag an, ein Haus in der Türkei zu besitzen. Dieses hat sie vor ca. 10 Jahren gebaut. Als Verkehrswert werden ca. 17.000 € angegeben. Weitere Unterlagen können angeblich nicht beigebracht werden. Die Immobilie ist nicht vermietet. Sie wird nur als Ferienhaus genutzt. Wie wird der Verkehrswert der Immobilie ermittelt?

Der Antragsteller hat im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht geeignete Nachweise über den aktuellen Immobilienwert zu erbringen (z. B. Verkehrswertgutachten, Kaufvertrag, etc.) Die Nachweise dürfen nicht älter als 3 Jahre sein.

Die Immobilie muss auch in der Türkei im Grundbuchamt eingetragen werden. Darüber erhält der Besitzer eine Tapu-Urkunde (entspricht dem Grundbuchauszug). Die Tapu-Urkunde ist jedoch lediglich ein Anhaltspunkt zur Wertermittlung, da vom Käufer im Rahmen eines "Wertspiegels" nicht der tatsächliche Kaufpreis, sondern unter Umständen nur ein Minimumpreis angegeben wird. Auf Grundlage des Tapu-Wertes wird die Grundsteuer festgesetzt (0,4 % des Tapu-Wertes). Der steuerpflichtige Eigentümer muss alle 4 Jahre den Wert der Immobilie neu beziffern.

Stand: 03.02.2017

WDB-Beitrag Nr.: 120020

Wie ist der Verweis in § 12 Absatz 6 Satz 3 SGB II auf § 12 Absatz 4 Satz 4 SGB II zu verstehen?

Der Verweis in § 12 Absatz 6 Satz 3 SGB II auf § 12 Absatz 4 Satz 4 SGB II ist ein redaktionelles Versehen des Gesetzgebers. Es hätte stattdessen auf § 12 Absatz 4 Satz 5 SGB II verwiesen werden müssen.

Die Aussage, dass eine Selbstauskunft auch in Fällen eines Einmonatsantrages, bei dem keine Karenzzeit gilt, auszufüllen ist, wäre durch einen Verweis auf § 12 Absatz 4 Satz 5 SGB II beabsichtigt gewesen. § 12 Absatz 6 Satz 2 SGB II vermutet nämlich nur für den Fall, dass der Antragsteller dies im Antrag erklärt, dass kein Vermögen vorhanden ist. Hierzu ist, wie Absatz 6 Satz 3 i.V.m. Absatz 4 Satz 5 hätte klarstellen sollen, jedoch erforderlich, dass eine Selbstauskunft abgegeben wird. 
Der Verweis auf § 12 Absatz 4 Satz 4 SGB II hingegen, der bei Vorliegen erheblichen Vermögens auf die Freibeträge § 12 Absatz 2 SGB II verweist, ist außerhalb der Karenzzeit allerdings redundant, denn diese gelten ja ohnehin, auch ohne gesonderten Verweis.

Stand: 14.02.2023

WDB-Beitrag-Nr.: 120072

Wie ist mit verpachteten landwirtschaftlichen Nutzflächen, insbesondere hinsichtlich ausländischer Kaufinteressenten, umzugehen?

Eigentum an nicht selbst genutzten landwirtschaftlichen Nutzflächen wird als verwertbares Vermögen berücksichtigt.

Die Zumutbarkeit der Verwertung kann im Interesse der Allgemeinheit nicht unter Verweis auf mögliche (ausländische) Kaufinteressenten verneint werden. Es spielt keine Rolle, wer als potentieller Käufer auftritt.

Zur Wertermittlung wird geprüft, ob ein Verkauf der Fläche in Frage kommt. Sollte dies nicht der Fall sein, weil kein Markt dafür vorhanden ist, wird die Möglichkeit einer Beleihung geprüft. Scheidet auch diese aus, ist die Verpachtung die einzig mögliche Verwertung des Grundstücks. Der Pachtzins wird als Einkommen berücksichtigt.

Stand: 03.02.2017

WDB-Beitrag Nr.: 120038

Kann es für den Antragsteller günstiger sein, Lebensversicherungen zu verwerten, indem sie verkauft werden und mit dem Kaufpreis anstelle des Rückkaufswerts angesetzt werden?

Verwertbar ist Vermögen, wenn es für den Lebensunterhalt direkt verwendet oder sein Geldwert durch Verbrauch, Verkauf, Beleihung, Vermietung oder Verpachtung für den Lebensunterhalt genutzt werden kann. Nicht verwertbar sind Vermögensgegenstände, über die der Inhaber nicht frei verfügen darf.

Sofern eine Lebensversicherung verwertbar ist (wirtschaftlich, da Rückkaufswert nicht 10 % niedriger als eingezahlte Beträge), kann es für den Kunden günstiger sein, die Lebensversicherung nicht zu kündigen, sondern an ein Unternehmen zu verkaufen, das die Beiträge weiter bezahlt. Der Verkauf der Lebensversicherung am Zweitmarkt kann gegenüber dem Rückkaufswert einen finanziellen Vorteil darstellen. Häufig kann dabei der Todesschutzfall beibehalten werden.

Antragsteller sollten darauf hingewiesen werden, dass sie sich bei der Verbraucherzentrale entsprechend informieren können.

Stand: 03.02.2017

WDB-Beitrag Nr.: 120042

Sind Leistungen aus dem zweiten Hilfsfonds des Landes Nordrhein-Westfalen für Verletzte und Hinterbliebene der Opfer der Loveparade-Katastrophe als Einkommen oder Vermögen zu berücksichtigen?

Die finanziellen Hilfen des Landes Nordrhein-Westfalens aus dem 2. Hilfsfonds für Verletzte und Hinterbliebene der Opfer der Loveparade-Katastrophe sind beim Bürgergeld nicht als Einkommen zu berücksichtigen.

Die Hilfen sollen Verletzte und Hinterbliebene von Opfern der Katastrophe des Musik-Festivals dabei unterstützen, die sehr belastenden Folgen des Erlebten und den Verlust naher Angehöriger zu verarbeiten. Sie dienen somit nicht demselben Zweck wie Leistungen nach dem SGB II.

Bei diesen Hilfen handelt es sich demnach um zweckbestimmte Einnahmen, die nach § 11a Absatz 3 Satz 1 SGB II i. V. m. der Richtlinie des Landes Nordrhein-Westfalen über freiwillige Leistungen aus dem 2. Hilfsfonds „Loveparade“ nicht als Einkommen zu berücksichtigen sind.

Aufgrund der besonderen Zweckbestimmung dieser Leistungen, die auch zeitlich nach dem eigentlichen Zufluss der Zahlungen weiterhin greift, ist bei der Vermögensprüfung für diese finanziellen Hilfen in der Regel eine besondere Härte im Sinne des § 12 Absatz 1 Satz 2 Nr. 7 SGB II gegeben.
Die Leistungen aus dem 2. Hilfsfonds des Landes Nordrhein-Westfalen für Verletzte und Hinterbliebene der Loveparade-Katastrophe sind nicht als Vermögen zu berücksichtigen.

Die ggf. aus dem Vermögen erzielten Kapitaleinkünfte (z. B. Zinserträge) sind dagegen als Einkommen i. S. d. § 11 Absatz 1 Satz 1 SGB II zu berücksichtigen.


Hinweise:

Siehe auch WDB-Beiträge:

„Härteleistungen für Opfer und Hinterbliebene extremistischer Übergriffe und terroristischer Gewalt aus dem Bundeshaushalt“ (WDB-Beitrag Nr.: 110141)

„Entschädigungszahlungen des Landes Thüringen an Opfer und Betroffene von Taten des NSU“ (WDB-Beitrag Nr.: 111118).

Stand: 20.01.2023

WDB-Beitrag Nr.: 120071

Ergeben sich bei einem sog. 'Mietkauf' einer Immobilie zu berücksichtigende Besonderheiten bei SGB II-Leistungen, insbesondere bei Vermögen bzw. Einkommen?

Ein Mietkaufvertrag ist eine Mischung aus Miet- und Kaufvertrag über eine Immobilie, wobei dem Mieter das Recht (Option) eingeräumt wird, die Immobilie nach einiger Zeit zu einem festgelegten Preis zu erwerben. Gewöhnlich werden dabei bereits erbrachte Mietzinsleistungen auf den Kaufpreis angerechnet.

Die Immobilie geht erst in das Eigentum des Käufers über, wenn der gesamte Kaufpreis beglichen wurde. Bis zu diesem Zeitpunkt ist eine Verwertung der Immobilie für den Käufer ausgeschlossen.

Die monatlichen Mietzinsleistungen wären bei dem Verkäufer als Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung zu berücksichtigen, wenn dieser Leistungen nach dem SGB II beansprucht. Ist ein Festpreis in einer Summe als Restzahlung vereinbart, wäre dieser bei Zufluss in der Bedarfszeit als einmalige Einnahme zu berücksichtigen.

Stand: 03.02.2017

WDB-Beitrag Nr.: 120030

Kann ein nicht selbst genutztes Hausgrundstück, bei dem ein Nießbrauchrecht für einen Dritten eingeräumt ist, verwertet werden? Wie sieht es aus, wenn eine Antragstellerin über Wohneigentum verfügt, welches nicht selbst genutzt, sondern der Mutter der Antragstellerin mit notariell beurkundetem oder im Grundbuch eingetragenen Wohnrecht (lebenslang mietfrei) zur Verfügung gestellt wird? Ist das Wohneigentum verwertbar i. S. d. § 12 SGB II?

Beide o. g Fälle sind identisch zu werten.

Wird Grundstücks- / Wohneigentum nicht selbst genutzt, kommt eine Privilegierung nach § 12 Absatz 1 Satz 2 Nr. 5 SGB II nicht in Betracht. Es handelt sich daher um grundsätzlich verwertbares Vermögen, die Verwertung kann durch Verkauf oder Beleihung erfolgen. Die Verwertung kann aber durch den Nießbrauch (Recht der Nutzung einer Sache) bzw. das lebenslange Wohnrecht erschwert, wenn nicht sogar für absehbare Zeit unmöglich gemacht werden. Die Verwertbarkeit des Grundstücks kann durch Nachfragen bei örtlichen Immobilienmaklern hinsichtlich der Verkaufschancen bzw. bei Kreditinstituten hinsichtlich der Möglichkeiten einer Beleihung überprüft werden.

Das Hausgrundstück ist nur dann als Vermögen zu berücksichtigen, wenn eine Verwertung absehbar ist. Eine Verwertung ist nicht absehbar, wenn sie vom Tod einer bestimmten Person abhängig ist (so dass Bundessozialgericht (BSG) in seinem Urteil vom 6.12.2007). In diesem Fall handelt es sich um tatsächlich nicht verwertbares Vermögen; Bürgergeld ist als Zuschuss zu gewähren. Tritt hingegen die zukünftige Verwertbarkeit sicher ein, z. B. bei datumsmäßiger Befristung des Nießbrauchs, ist die Vermögensverwertung absehbar; Bürgergeld ist hier gem. § 24 Abs. 5 SGB II als Darlehen zu zahlen. Der Zeitpunkt der Verwertbarkeit sollte nicht länger als zwölf Monate (längstmöglicher Bewilligungszeitraum) in der Zukunft liegen.

Unabhängig von der Vermögensprüfung ist zu klären, um welche Art von Nießbrauchrecht es sich handelt. Bei Nießbrauch gegen Entgelt sind die Zahlungen des Nießbrauchers bei dem Eigentümer als Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung zu berücksichtigen.

Hinweise: 
BSG Urteil vom 6.12.2007, B 14/7b AS 46/06 R

Stand: 20.01.2023

WDB-Beitrag Nr.: 120028

Eine leistungsberechtigte Person hat ihr Haus vor zwei Jahren an ihren Sohn verschenkt. Sie lebt jetzt allein in diesem Haus und bezahlt Miete an ihren Sohn. Ist diese Vorvererbung einer Schenkung gleich zu setzen und könnte sie über das Rückübertragungsrecht "rückabgewickelt" werden?

Die "Vorvererbung" oder "vorweggenommene Erbfolge" ist in der Regel als Schenkung im Sinne der §§ 516 ff. BGB anzusehen, wenn der "Schenker" keine Gegenleistung erhält. Daher ist in jedem Einzelfall zu prüfen, was bei dem vorweg genommenen Erfolg vereinbart wurde.

Ein Rückübertragungsrecht, hier nach § 528 BGB, stellt einen Vermögenswert dar, der nach § 12 SGB II zu berücksichtigen ist. Auf die Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende geht  dieses Rückforderungsrecht nach § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB II bis zur Höhe der erbrachten Leistungen über.

Die Schenkung an den Sohn (Haus) kann nach § 528 BGB i. V. m. § 33 SGB II rückgängig gemacht werden. "Bedarf der Schenker nur eines Teils des Geschenks, so kann bei teilbarem Schenkungsgegenstand auch nur ein diesem Bedürfnis entsprechender realer Bruchteil herausverlangt werden. Handelt es sich hingegen um unteilbare Gegenstände (wie ein Haus), dann kann der Schenker nach § 818 Abs. 2 BGB nur Wertersatz für denjenigen Teil der Schenkung verlangen, der wertmäßig zur Deckung des Unterhaltsbedarfs zwar ausreichend wäre, dessen Herausgabe aber infolge Unteilbarkeit unmöglich ist". Somit ist in einem solchen Fall der Anspruch aus § 528 Abs. 1 Satz 1 BGB von vornherein auf Zahlung des der Bedürftigkeit des Schenkers entsprechenden Wertteils des Geschenks gerichtet (BGH, Urteil vom 29.03.1985, AZ: V ZR 107/84). Eine Rückübertragung des gesamten Hauses selbst ist ausgeschlossen. Bei Schenkung eines Hauses ist es für den Eintritt eines  Anspruchsübergangs unbeachtlich, ob das Haus im Eigentum des Schenkers Schonvermögen nach § 12 Absatz 1 Satz 2 Nr. 5 SGB II, wäre (vgl. OVG NW, Urteil vom 18.10.1991, AZ: 8 A 1271/89).

Die Einrede nach § 529 BGB, die eine Rückforderung ausschließt, ist nur dann zu beachten, wenn der Beschenkte sie ausdrücklich geltend macht. Die Einrede ist ausgeschlossen, wenn der Beschenkte zum Zeitpunkt der Schenkung wusste, dass der Schenker hilfebedürftig gewesen ist.

Stand: 20.01.2023

WDB-Beitrag Nr.: 120034

Gibt es eine zeitliche Begrenzung, bis zu der verschenktes oder übertragenes Vermögen (Lebensversicherung) bei dem Antragsteller noch berücksichtigt wird?

Zum Vermögen zählen auch zivilrechtliche Rückforderungs- bzw. Rückübertragungsansprüche nach § 528 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Der Tatbestand des § 528 BGB ist erfüllt, soweit die erwerbsfähige leistungsberechtigte Person nach der Schenkung außerstande ist, ihren angemessenen Unterhalt zu bestreiten und die ihr (...) gesetzlich obliegenden Unterhaltspflichten zu erfüllen.

Der Anspruch auf Herausgabe des Geschenkes ist jedoch ausgeschlossen, wenn zur Zeit des Eintritts der Bedürftigkeit seit der Schenkung zehn Jahre verstrichen sind (§ 529 BGB). Einreden nach § 529 BGB sind nur zu berücksichtigen, wenn sie ausdrücklich geltend gemacht werden.

Vereinzelte Schenkungen bleiben bis zur Höhe des maßgeblichen Regelbedarfs nach § 20 Abs. 2 Satz 1 SGB II unberücksichtigt.

Stand: 06.02.2017

WDB-Beitrag Nr.: 120016

Schmerzensgeld ist bei Zufluss in der Bedarfszeit nach § 11a Abs. 2 ausdrücklich nicht als Einkommen zu berücksichtigen. In § 12 findet sich jedoch keine ausdrückliche Privilegierung. Wie ist Schmerzensgeld zu behandeln, wenn es ab dem Folgemonat des Zuflusses zu Vermögen wird bzw. bereits vor der Bedarfszeit vorhanden war, also Vermögen i. S. v. § 12 ist?

Vermögen, das nachweislich aus einer Schmerzensgeldzahlung stammt, ist nicht zu berücksichtigen. Es greift hier die Härtefallregelung nach § 12 Absatz 1 Satz 2 Nr. 7 SGB II.

Aufgrund der Herkunft des Vermögens (Entschädigung für einen körperlichen und/oder seelischen Schaden) würde die Verwertung des Vermögens für den Hilfebedürftigen eine besondere Härte i. S. v. § 12 Absatz 1 Satz 2 Nr. 7 SGB II bedeuten.

Von der Berücksichtigung ist abzusehen, soweit die leistungsberechtigte Person nachweist, dass das Vermögen (noch) aus einer Schmerzensgeldzahlung stammt. Diese Nachweispflicht ist insbesondere dann von Bedeutung, wenn der Zufluss der Schmerzensgeldzahlung weit in der Vergangenheit liegt.

Da die leistungsberechtigte Person nicht zum Verbrauch der Schmerzensgeldzahlung verpflichtet ist, ist im Zweifelsfall mindestens Vermögen in Höhe des ursprünglich an die leistungsberechtigte Person gezahlten Schmerzensgeldes freizustellen. 

Hinweise:
Bundessozialgericht (BSG)-Urteil vom 15.04.2008 (B 14/7b AS 6/07 R)

Beachte: Die Einkommensprivilegierung gilt nicht für Zinseinnahmen, die im Bedarfszeitraum zufließen.

Stand: 20.01.2023

WDB-Beitrag Nr.: 120044

Gehört eine Unfallprämien-Rückgewährversicherung zum verwertbaren Vermögen?

Die Unfallversicherung mit Prämienrückgewähr ist eine Kombination aus einer Unfallversicherung und einer Lebensversicherung mit Sparvorgang. Der kleinere Teil (variiert bei den verschiedenen Anbietern) des Beitrages wird für die Unfallversicherung verwendet, der restliche Teil für die Lebensversicherung. Die Rechtsvorschriften für die Kündigung ergeben sich aus dem Versicherungsvertragsgesetz (VVG).

Sofern § 168 Abs. 3 VVG keine Anwendung findet, ist eine kurzfristige Kündigung möglich. Ausgezahlt wird, wie bei einer Kapital-Lebensversicherung, der aktuelle Rückkaufswert.

Somit gehört eine Unfallversicherung mit Prämienrückgewähr zum verwertbaren Vermögen.

Stand: 06.02.2017

WDB-Beitrag Nr.: 120019

Kann ein Leistungsberechtigter im Sinne des SGB II sein Grundstück und Hauseigentum für einen Betrag, der wesentlich unter dem Verkehrswert liegt (z. B. für 1.500,- €), verkaufen?

Erfolgt der Verkauf einer Immobilie wesentlich unter dem Verkehrswert, wäre zu prüfen, ob es sich um eine verdeckte Schenkung handelt. 
Schenkungen können unter den Voraussetzungen des § 528 Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) zurückgefordert werden. Ein Rückforderungsanspruch nach § 528 BGB gehört zum Vermögen und ist daher zu berücksichtigen (siehe auch Hinweise zu § 12).

Dies hätte zur Folge, dass der tatsächliche Wert der Immobilie bei der Bedürftigkeitsprüfung berücksichtigt würde. Dies kann ggf. zu einer Ablehnung des Antrages führen.

Hinweise: Ggf. ist ein Ersatzanspruch nach § 34 SGB II zu prüfen;

Siehe auch Eintrag "Rückforderung einer Schenkung" zu § 12

Stand: 06.02.2017

WDB-Beitrag Nr.: 120039

Wird das durch Entschädigungszahlungen (des Landes Thüringen an Opfer und Betroffene von Taten des NSU) gebildete Vermögen als bei der Prüfung der Hilfebedürftigkeit (§ 9 SGB II) nach § 12 SGB II berücksichtigt?

Siehe Eintrag „Umgang mit Entschädigungszahlungen des Landes Thüringen an Opfer und Betroffene von Taten des Nationalistischen Untergrundes (NSU)" zu § 11a (identisch)

Können Leistungen der Fonds „Heimerziehung West“, „Heimerziehung in der DDR“ sowie der Stiftung „Anerkennung und Hilfe“ als Vermögen angerechnet werden?

Sämtliche Leistungen aus dem Fonds „Heimerziehung West“, dem Fonds „Heimerziehung Ost“ sowie der Stiftung „Anerkennung und Hilfe“ sind in Anwendung des § 12 Absatz 1 Satz 2 Nr. 7 SGB II privilegiert und daher nicht zu berücksichtigen.

Begründung:
Nach § 12 Absatz 1 Satz 2 Nr. 7 SGB II darf die Grundsicherung nicht vom Einsatz oder von der Verwertung eines Vermögens abhängig gemacht werden, soweit dies für die Person, die das Vermögen einzusetzen hat, eine Härte bedeuten würde.

Ein solcher Härtefall liegt vor. Aus der Herkunft des Vermögens und der Anrechnungsfreiheit seiner Leistung als Einkommen (vgl. WDB-Eintrag 111001) kann regelmäßig noch nicht auf einen Härtefall geschlossen werden. Die Atypik, die zur Anerkennung eines Härtefalls führt, kann sich nicht nur aus der Situation der hilfesuchenden Person ergeben.

Diese kann sich ausnahmsweise auch aus der Herkunft des Vermögens ergeben, wenn die Herkunft das Vermögen so prägt, dass seine Verwertung eine Härte darstellt. Davon ist bei den Fonds „Heimerziehung West“, dem Fonds „Heimerziehung Ost“ sowie der Stiftung „Anerkennung und Hilfe“ auszugehen. Müssten die betroffenen Personen die ihnen zustehenden Geldleistungen einsetzen, stünden diese nicht mehr zu den Zwecken zur Verfügung, für die sie bestimmt sind:

Die Geldleistungen der Fonds „Heimerziehung West“ und „Heimerziehung Ost“ dienen dazu, Folgeschäden aus der Heimunterbringung auszugleichen bzw. abzumildern.

Im Rahmen der Stiftung „Anerkennung und Hilfe“ wird ein Beitrag zur Anerkennung des erlittenen Unrechts und Leids von Menschen geleistet.

Nähere Ausführungen können dem WDB-Eintrag 111001 entnommen werden.

Stand: 20.01.2023

WDB-Beitrag-Nr.: 120061

Nutzungshinweise Wissensdatenbank SGB II