Vielfalt fördern und Mehrwert fürs Unternehmen schaffen

Wie Arbeitgeber von besonderen Begabungen von autistischen Menschen profitieren können. 


26.11.2025 - Karina Nickel, Marta Potužníková-König -3 MinutenMitarbeiter finden

Autistische Menschen gelten als gewissenhaft und detailorientiert. Manche verfügen über überdurchschnittliche Bildungserfolge. Trotzt ihrer Begabung ist ein großer Teil auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht beschäftigt. Mit der richtigen Erwartungshaltung und entsprechenden Rahmenbedingungen kann die Integration gelingen.

Der Essener Energieversorgungskonzern RWE hat das Potenzial autistischer Menschen erkannt und nutzt die Vielfalt als Quelle von Innovation. Das Unternehmen engagiert sich in der Ausbildung von autistischen Jugendlichen und schafft seit 2014 mit dem „Aktionsplan Inklusion“ ein inklusives Arbeitsumfeld. Dies gibt autistischen Menschen die Möglichkeit, ihre besonderen Fähigkeiten optimal einzubringen.

Diese Chance hat auch Oliver Bartges von RWE bekommen. Im neuen Faktor A Beitrag erfahren Sie mehr über die Philosophie des Unternehmens und die Integration des jungen Autisten.

Neue Sichtweise gewinnen

Bei RWE ist Inklusion ein Grundpfeiler der Unternehmensphilosophie. Die Mitarbeitenden dort werden für die Bedürfnisse autistischer Kolleginnen und Kollegen durch spezielle Schulungen sensibilisiert. Dies fördert nicht nur das Verständnis und die Akzeptanz, sondern auch die Produktivität und das Wohlbefinden aller Beschäftigten.

Zitat:

„Es ist sehr wichtig, die Menschen mit Autismus und die Menschen in ihrem Arbeitsumfeld optimal aufeinander einzustellen.“

Gerade die Haltung eines Unternehmens bzgl. der Vielfalt seiner Beschäftigten macht einiges aus. Dies beschreibt Guido Hertel von der Schwerbehindertenvertretung der RWE Power AG wie folgt: „Wir alle haben individuelle Fähigkeiten und Besonderheiten. Unsere Eigenschaften und Charaktere sind so einzigartig, wie unsere Persönlichkeiten. So sind auch alle autistischen Menschen unterschiedlich.“  

Missverständnissen vorbeugen und Vielfalt nutzen

Jobcoaching oder Mentoring für autistische Menschen und das Arbeitsumfeld sind für eine gelungene Integration wichtig. Dabei spielt die Kommunikation eine entscheidende Rolle: „Die Verwendung einer eindeutigen und klaren Sprache sowie der Verzicht auf Ironie, Sarkasmus und Smalltalk können Missverständnissen vorbeugen. Das Nachfragen bei Unsicherheiten sollte eine Selbstverständlichkeit sein und nicht als Schwäche ausgelegt werden“, so Guido Hertel.  

Wenn der Arbeitgeber weiß, wie und wo er autistische Mitarbeitende richtig einsetzen kann, können beide Seiten profitieren. Denn Menschen mit Autismus haben oft ausgeprägte kognitive Fähigkeiten wie zum Beispiel logisches und analytisches Denken sowie starke Konzentrationsfähigkeit. In der Realität sieht es so aus, dass sie an ihren Arbeitsstellen kognitiv unterfordert sind und unter ihrem Qualifizierungsniveau arbeiten.

Von der Behindertenwerkstatt in die Entwicklungsabteilung  

Den beruflichen Werdegang von Oliver Bartges prägten jahrelanges Mobbing, Prüfungsangst und Sitzenbleiben. Diese Dinge „gehörten zum Leben für mich dazu. Nach der Schule habe ich in einer Behindertenwerkstatt gearbeitet, aber da wollte ich weg.“

Auf dem Bild ist Oliver Bartges im Labor bei RWE zu sehen.
Bild: Oliver Bartges im Labor bei RWE, ©RWE

Der junge Autist hat anschließend seine Ausbildung als Facharbeiter für Metalltechnik bei RWE erfolgreich absolviert. „Sie haben sich sehr gut um mich gekümmert. Mein Autismus war manchen bekannt, darauf reduziert wurde ich aber nicht. Die Zwischenprüfung fiel richtig schlecht aus, aber die Abschlussprüfung bestand ich im ersten Anlauf. Schriftlich eine Drei und mündlich eine Eins! Das war überwältigend“, berichtet Oliver Bartges.

Derzeit arbeitet er im Bereich Werkstoff- & Feststoffanalytik der Forschungs- & Entwicklungsabteilung im Kraftwerk Niederaußem in Bergheim in der Nähe von Köln. Zu seinen Aufgaben gehören unter anderem die Bedienung des Gerätes zur Röntgenfluoreszenzanalyse oder die Bearbeitung umfangreicher Exceltabellen.

Das Unternehmen hat für Oliver Bartges ein fachliches Jobcoaching vor Ort organisiert. Die Bundesagentur für Arbeit hat seine Ausbildung sowie die Umsetzung auf einen passenden Arbeitsplatz gefördert und damit seine Eingliederung im Unternehmen unterstützt. 


Headerbild: ©AdobeStock/Jacob Lund