Eine smarte Form der Weiterbildung

Das Institut für berufliche Fortbildung in Halle bietet eine Weiterbildung zur Smart-Repair-Fachkraft an. Faktor A hat mit einem Kursteilnehmer gesprochen.


09.05.2018 - Anna Sola, Matthias Thiele -5 MinutenMitarbeiter qualifizieren

Das Institut für berufliche Fortbildung in Halle bietet eine Weiterbildung zur Smart-Repair-Fachkraft an. Faktor A hat mit einem Kursteilnehmer gesprochen.

Smart Repair kritisch beleuchtet

„Viele Schäden können einfach nur kaschiert werden“

Für Thomas Aukamm, Hauptgeschäftsführer des Zentralverbands Karosserie- und Fahrzeugtechnik, ist Smart Repair zwar eine kostengünstige Möglichkeit, das eigene Auto nach einem Bagatellschaden aufzuhübschen. Er warnt jedoch im Interview vor schwarzen Schafen in der Branche und erklärt, worauf Kunden achten sollten, wenn ihnen Smart Repair angeboten wird.

Faktor A: Jährlich regulieren Kfz-Versicherungen Schäden in Höhe von rund 20 Milliarden Euro – für die letztlich jeder Autohalter mit seiner Versicherungsprämie aufkommen muss. Die Versicherungen sehen in Smart Repair eine gute Möglichkeit, diese Kosten zu drücken. Was spricht denn dagegen?

Dass Smart Repair nur in ganz wenigen Fällen eines Verkehrsunfalles zur Anwendung kommen kann. In unserem Fachjargon sprechen wir von Smart Repair, wenn die anschließend reparierte Stelle nicht größer als ein DIN-A4-Blatt ist. Hinzu kommen einige weitere Hürden. Üblicherweise haben Frontverkleidungen einige Steinschläge, welche wir nicht überlackieren können. Hier müssen zunächst die Steinschläge ausgeschliffen werden, womit schnell die gesamte Verkleidung zur Lackierung ansteht. Smart Repair kann durchaus sinnvoll sein, solange die Arbeiten sach- und fachgerecht ausgeführt werden und das Ergebnis die Zulassung des Fahrzeugs nicht gefährdet. Allerdings müssen Smart-Repair-Anbieter keine speziellen Qualifikationen nachweisen, obwohl die Arbeit beim Lack viel Sachverstand und Fingerspitzengefühl erfordert. Ebenso bieten viele Anbieter keine Garantie auf ihre Leistung.

Nehmen wir mal ein konkretes Beispiel: Einen herkömmlichen Kotflügel neu zu lackieren kostet etwa 500 Euro. Bei Smart Repair zahlt man etwa ein Drittel. Das klingt doch gut.

Wenn die beschädigte Stelle nicht größer als 10 cm ist, was mit anschließender Lackierung auf die Größe des A4-Blattes hinausläuft, klingt das tatsächlich gut und wird aus diesem Grund in unseren Fachbetrieben so umgesetzt. In den allermeisten Fällen sind im Rahmen eines solchen Schadens aber die Frontverkleidung, der Scheinwerfer, die Tür oder weitere Teile beschädigt. Sobald weitere Teile lackiert werden müssen, ist das Fahrzeug in der Lackierkabine, und wir sprechen nicht mehr von einer Smart-Reparatur.

Befürworter der Smart-Repair-Methode verweisen darauf, dass sich der Austausch ganzer Autoteile negativ auf die Festigkeit der Karosserie auswirke.

Hier müssen wir deutlich unterscheiden. Ein Teilersatz einer Seitenwand, eines Längsträgers oder Schwellers ist bei Weitem kein Smart Repair. Dies ist ein Eingriff in die Struktur des Fahrzeuges und bedarf höchster fachlicher Qualifikation als Karosserie- und Fahrzeugbauer. Ein Teilersatz ist auch keine alternative Reparaturmethode, sondern die konventionelle und richtige Art, wenn der Autohersteller diese in einem solchen Fall vorgesehen und in seinen Reparaturleitfäden beschrieben hat. Ein professionell arbeitender Karosseriefachbetrieb, der nach Herstellervorgaben arbeitet, wird ein Fahrzeug definitiv wieder sach- und fachgerecht reparieren.

Ein anderes beliebtes Beispiel sind Risse in der Scheibe. Hier werben Dienstleister mit der kostenlosen Reparatur im Rahmen der Kaskoversicherung.

Risse in der Frontscheibe sind nicht reparaturfähig. Es ist möglich, Steinschläge in einem bestimmten Umfang mit einem speziellen Harz zu reparieren. Aber auch hier gibt es klare Vorschriften: Nicht im Sichtfeld des Fahrers, nicht am Rand der Scheibe, und wenn Wasser und/oder Schmutz in den Steinschlag eingetreten ist, ist oftmals eine Reparatur nicht mehr möglich. Dass eine solche Reparatur deutlich günstiger ist als der Austausch der Scheibe, liegt auf der Hand und wird deshalb von den Versicherungen forciert. Oft lockt der Smart-Repair-Dienstleister in seiner Werbung mit der Reparaturmöglichkeit und dem Ausbessern von Steinschlagschäden an der Frontscheibe. Hier ist jedoch zu beachten, dass eine solche Reparatur nur bei kleinen Schäden außerhalb des Sichtfelds des Fahrers möglich ist. Ist dann das Fahrzeug erst mal auf dem Hof des Smart-Repair-Betriebs, empfiehlt dieser dann meist sehr schnell einen lukrativeren Kompletttausch der Scheibe. Heutzutage mit vielen in der Scheibe integrierten Elementen der Assistenzsysteme, wie Kameras und Sensoren, ist zudem eine fachgerechte Kalibrierung notwendig, die der Karosseriebauer nach Herstellervorgaben durchführen wird.

Welche Nachteile sehen Sie noch?

Wenn im Rahmen der Smart-Reparatur lackiert wurde, ist die Reparatur durch geschulte Augen sichtbar, der Lackrand hat eine wesentlich geringere Standfestigkeit und kann sich lösen, und durch unsachgemäßen Aufbau von Grundierung, Spachtel, Füller und Lack kann Korrosion entstehen. Smart Repair hört sich relativ einfach an, ist aber wie die Fahrzeugreparatur eine komplexe Angelegenheit. Bei Smart Repair können viele Schäden zudem einfach nur kaschiert werden. Gebrauchtwagenhändler arbeiten deshalb schon lange mit diesen Methoden, um ein Fahrzeug aufzuhübschen und damit einen höheren Preis zu erzielen. Als Käufer muss man also besonders wachsam sein und insbesondere Farbabweichungen beim Lack kritisch hinterfragen, damit man nicht zu viel für den Gebrauchtwagen zahlt und sich später ärgert, wenn ein größerer Schaden aufgedeckt wird. Manche Methoden wie zum Beispiel das Aufarbeiten und Neuversiegeln der Schutzgläser von Schweinwerfern ist zum Beispiel vom KBA (Kraftfahrt-Bundesamt) nicht freigegeben, womit man die Betriebserlaubnis und den Versicherungsschutz riskieren kann.

Sehen Sie auch Vorteile?

Selbstverständlich. Kostenbewusste Autofahrer gehen die Nachteile bei Eigenverschuldung und ohne Versicherungsschutz durchaus ein. Im Falle eines Versicherungsschadens stoßen die Möglichkeiten schnell an ihre Grenzen. Auch aus Umweltaspekten kann bei kleineren und oberflächlichen Mängeln die Methode von Smart Repair sinnvoll und preisgünstig sein. Für eine sach- und fachgerechte Reparatur raten wir jedoch, den Fachbetrieb aufzusuchen: Ein guter und qualifizierter Karosseriebauer mit dem Fachbetriebszeichen an der Tür weiß, wann es reicht, einen Fehler durch Smart Repair auszubessern, und wann Teile ausgetauscht und lackiert werden müssen. Die meisten Betriebe beherrschen heute beide Methoden und werden sich des Schadens fair und qualifiziert annehmen. Und der Karosseriefachbetrieb wird für seine gute Arbeit garantieren.

Zur Person: Thomas Aukamm ist Hauptgeschäftsführer des Zentralverbands Karosserie- und Fahrzeugtechnik in Friedberg. Er vertritt etwa 3.500 Betriebe des herstellenden und reparierenden Karosserie- und Fahrzeugbaus und setzt sich für hohe fachliche Standards in Reparatur- und Autolackierbetrieben ein.


Titelfoto: © Anna Sola