Robin Hellwinkel wurde nach dem Tod seines Vaters plötzlich Geschäftsführer der Firma Neumärker. Mit 23 Jahren. Wie er seine Herausforderung als junger Chef gemeistert hat
Ich saß mitten in einer Vorlesung im französischen Lille, als ich vom Tod meines Vaters erfuhr. Es war Sommer 2013, und ich studierte Wirtschaft. Die Nachricht war ein Schock. Sein Tod kam plötzlich, niemand hatte etwas von seiner Krankheit gewusst.
Mein Vater war ein Fels in der Brandung, er hat sich Schwäche nie anmerken lassen. Am nächsten Tag packte ich meine Sachen und fuhr nach Deutschland.
Ich war durcheinander: Einerseits trauerte ich um meinen Vater, andererseits versuchte ich, mir die Übernahme seines 40-köpfigen Betriebs vorzustellen. Es stand fest, dass ich sein Nachfolger sein würde, aber mit meinen 23 Jahren war ich überhaupt nicht darauf vorbereitet. Mein Vater war ein durchsetzungsstarker, charismatischer Mann, der sein Unternehmen Neumärker im autoritären Stil führte. Gern besiegelte er Geschäfte mit einem Handschlag. Ich bin eher der nachdenkliche, analytische Typ. Einer, der es strukturiert und geordnet haben möchte.
Struktur statt Chaos

In der Firma fand ich ein ziemliches Chaos vor. Mein Vater hat nie einen Computer benutzt, viele Unterlagen waren unvollständig, es existierte auch kaum ein Vertrag. Die Herausforderung war es, das Unternehmen von Grund auf neu zu strukturieren. Um nicht direkt in seine Fußstapfen zu treten, zog ich erst mal in das Besucherzimmer. Ich wollte mich abgrenzen und glaube auch, dass es für die Angestellten besser war, den neuen Chef in einer anderen Umgebung zu sehen. Einige Mitarbeiter kannten mich seit meiner Kindheit, andere aus einem Praktikum, das ich in der Firma absolviert hatte. Jetzt war ich plötzlich Chef.
Zunächst führte ich eine Warenkontrolle ein. Die gab es vorher nicht, und so kamen über die Jahre hinweg viele defekte Sendungen an, deren Reklamationsfristen abgelaufen waren. Die Mitarbeiter haben meistens auf Anweisung meines Vaters gehandelt. Ich wollte, dass sie ab jetzt mitdenken und Verantwortung für ihren Arbeitsbereich übernehmen. Ich führte Feedback- und Teamgespräche ein, fragte die Mitarbeiter nach ihrer Meinung über ihre Vorgesetzten und bat regelmäßig um Verbesserungsvorschläge.
Sehr oft stieß ich aber auf Widerstand: „Das haben wir schon immer so gemacht“, hieß es. Die Mannschaft akzeptierte mich nicht gleich als Chef. Veränderungen setzten sie unter Druck.