Human Friendly Automation: 5 Tipps für Unternehmen

In Zeiten von KI noch drängender: Automatisierung sollte menschenfreundlich geschehen. So kann es gelingen.


17.02.2025 - Matthias Haft -4 MinutenZukunft der Arbeit

Bei Automatisierungsprojekten sollten Unternehmen auch an den Menschen denken. Wieso das wichtig ist und wie sich Automatisierung menschenfreundlich gestalten lässt, zeigt Faktor A.

Im schlechtesten Fall läuft Automatisierung ungefähr so ab: Ein bisher von einem oder mehreren Menschen ausgeführter Arbeitsschritt kann nach der Einführung einer neuen Maschine allein von dieser ausgeführt werden. Damit benötigt man die Fachkräfte für diese Arbeit nicht mehr. Da gleichzeitig andere Arbeitsschritte automatisiert wurden und sämtliche Maschinen künftig von einer einzigen Person bedient werden können, werden die Fachkräfte entlassen.

Zugegeben, das Ganze ist eine sehr vereinfachte und überspitzte Darstellung. Aber ganz unrealistisch ist sie nicht. So oder so ähnlich kann Automatisierung ablaufen – ist sie vermutlich auch oft. Neben den ganz individuellen Folgen hat eine derart umgesetzte Automatisierung aber auch eine gesellschaftliche Dimension. Wie werden wohl entlassene Arbeitskräfte künftig über das Thema denken? Was bedeutet das für die Akzeptanz von Automatisierung in einer Gesellschaft, wenn sie immer so abläuft? Und welche Folgen hat eine schlechte Wertschätzung für das Thema auf die Fähigkeit einer Gesellschaft, Automatisierung mit Forschung und Entwicklung sowie notwendigen Fachkräften voranzutreiben und zu gestalten? Gerade in einer Zeit, in der künstliche Intelligenz Automatisierungsthemen bis hinein in die Büros trägt, lohnt es sich, über diese Fragen nachzudenken.

Automatisierung – aber menschenfreundlich

Automatisierung ist für viele Branchen alternativlos. Wenn die Konkurrenz drum herum um die Wette automatisiert und dabei Effizienzen hebt, werden Sie mit Ihrem Unternehmen vermutlich irgendwann nachziehen müssen. Dass das aber auch auf menschenfreundliche Art und Weise gelingen kann, davon geht die Human Friendly Automation Allianz, eine Initiative von Expertinnen und Experten, aus. Die Allianz, die einmal jährlich im Oktober zusammenkommt, hat dazu eine Werte-Charta aufgestellt, in der festgehalten ist, welche Werte in einem Unternehmen aus ihrer Sicht wichtiger sind als reines Automatisierungs- und Prozessdenken. Sinnstiftende Arbeit und ein offener Dialog über Ziele rangieren in der Charta vor Prozessoptimierung und vollendeten Tatsachen, die Weiterentwicklung von Mitarbeitenden und nachhaltige Innovationen vor Kostensenkungen und kurzfristigen ökonomischen Zielen.

5 Tipps für Ihr Automation-Vorhaben

Nun stellt die Human Friendly Automation Allianz aber kein fertiges Modell zur Verfügung, das Sie als Arbeitgeber nutzen könnten, um am Menschen ausgerichtet zu automatisieren. Sie schafft lediglich einen gedanklichen Rahmen, der Unternehmen helfen soll abzuwägen. Deswegen haben wir uns mit der Werte-Charta beschäftigt und fünf Empfehlungen abgeleitet, die Sie bei kommenden Automatisierungsvorhaben beherzigen können:

  1. Sie brauchen einen Bedarf!
  2. Schaffen Sie Transparenz!
  3. Laden Sie zur gemeinsamen Arbeit ein!
  4. Schätzen Sie die Folgen ab!
  5. Arbeiten Sie jetzt schon an den Lösungen!

Sie brauchen einen Bedarf!

Zu oft hört man heute in Besprechungsräumen und auf Unternehmensfluren die Aussage: „Wir müssen was mit KI machen“. Ja, aber was? Und wieso? Automatisierung ist kein Selbstzweck, sondern benötigt einen Bedarf. Nur wenn KI diesen Bedarf decken kann, sollte sie auch als Lösung erwogen werden.

Vermeiden sollten Sie hingegen die Einführung einer nur vermeintlichen Lösung, der das Problem fehlt. Dann wird die Lösung schnell allem übergestülpt, was auch nur im Entferntesten ein passendes Problem sein könnte. Zielführender ist, lösungsoffen von der Anforderung her zu denken. Vielleicht bedient eine bereits im Unternehmen vorhandene Technologie den Bedarf ja viel besser. Und sollte bei der Beschäftigung mit dem Problem herauskommen, dass ein bisschen mehr Transparenz in der Zusammenarbeit bereits helfen kann, braucht es in diesem Fall vielleicht gar keine Automatisierungslösung.  

Schaffen Sie Transparenz!

Apropos Transparenz: Bei der Einführung von Automatisierungslösungen sollten Sie Ihre Belegschaft von Beginn an mitnehmen. So fördern Sie Verständnis und Akzeptanz. Erläutern Sie den Bedarf und die Situation, aus der heraus er entstanden ist. Skizzieren Sie das Vorhaben sowie die Wünsche und Ziele, die Sie damit verbinden.  

Weiß die Belegschaft frühzeitig Bescheid, kommen womöglich auch Vorschläge für die Umsetzung aus Abteilungen und von Personen, an die Sie bei dem Projekt zuerst gar nicht gedacht haben.

Laden Sie zur gemeinsamen Arbeit ein!

Transparenz ist nur ein Schritt auf dem Weg zu einer ordentlichen Beteiligung Ihrer Mitarbeitenden. Es reicht nicht, nur in regelmäßigen Abständen darüber zu informieren, was Sie und das Management vorhaben. Im Zweifelsfall lesen Mitarbeitende das einfach mit Wut im Bauch oder gar nicht. Denn sie können ja nicht mitgestalten.

Laden Sie deshalb die Belegschaft zur gemeinsamen Arbeit an dem Automatisierungsvorhaben ein. Nicht alle werden sich beteiligen. Und natürlich wäre es auch etwas unpraktisch, wenn sie es doch täten. Aber das Angebot sollte möglichst viele Mitarbeitende quer durch die Disziplinen erreichen. Denn man weiß im Vorfeld nie, wer eine tolle Idee beitragen kann.  

Schätzen Sie die Folgen ab!

Eine breite Beteiligung verringert zudem die Gefahr, etwas Wichtiges zu übersehen. So ist das umsetzende Team auf verschiedenen Ebenen diverser aufgestellt: fachlich, handwerklich und demografisch. Ungeahnte Folgen können so auf ein Minimum reduziert werden, denn Problem und Vorhaben werden aus möglichst vielen Blickwinkeln betrachtet.


Arbeiten Sie jetzt schon an den Lösungen!

Wenn Sie die möglichen Folgen Ihres Automatisierungsvorhabens auf dem Tisch haben, können Sie auch schon jetzt die Arbeit an den notwendigen Lösungen beginnen. Das erleichtert die Einführung und vermeidet Stress nach dem Roll-Out. Das neue System ist kompliziert zu bedienen? Sie brauchen also Schulungen für die Anwenderinnen und Anwender. Die Maschine ist nicht barrierefrei zugänglich? Dann gehört das Thema auf die Agenda des Projekts. Die Technologie macht die Arbeit einer Abteilung überflüssig? Dann überlegen Sie gemeinsam, wie die betroffenen Mitarbeitenden für neue spannende Aufgaben qualifiziert werden können.


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